Kant: AA X, Briefwechsel 1763 , Seite 045 |
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Text (Kant):
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| 01 | ihm von einem englischen Kaufmanne in Stockholm eingehändiget. | ||||||
| 02 | Man berichtete hieher, der Herr v. Swed. habe den Brief geneigt aufgenommen | ||||||
| 03 | und versprochen, ihn zu beantworten. Allein diese Antwort | ||||||
| 04 | blieb aus. Mittlerweile machte ich Bekanntschaft mit einem feinen | ||||||
| 05 | Manne, einem Engländer, der sich verwichenen Sommer hier aufhielt, | ||||||
| 06 | welchem ich, Kraft der Freundschaft, die wir zusammen aufgerichtet | ||||||
| 07 | hatten, auftrug, bei seiner Reise nach Stockholm genauere Kundschaft | ||||||
| 08 | wegen der Wundergabe des Hrn. v. Swed. einzuziehen. Laut seinem | ||||||
| 09 | ersten Berichte verhielt es sich mit der schon erwähnten Historie | ||||||
| 10 | nach der Aussage der angesehensten Leute in Stockholm genau so, | ||||||
| 11 | wie ich es Ihnen sonst erzählt habe. Er hatte damals den Hrn. | ||||||
| 12 | v. Swedenborg nicht gesprochen, hoffete aber ihn zu sprechen, wie wohl | ||||||
| 13 | es ihm schwer ankam, sich zu überreden, daß dasjenige alles richtig | ||||||
| 14 | seyn sollte, was die vernünftigsten Personen dieser Stadt von seinem | ||||||
| 15 | geheimen Umgange mit der unsichtbaren Geisterwelt erzählen. Seine | ||||||
| 16 | folgenden Briefe aber lauten ganz anders. Er hat den Hrn. | ||||||
| 17 | v. Swed. nicht allein gesprochen, sondern auch in seinem Hause | ||||||
| 18 | besucht und ist in der äußersten Verwunderung über die ganze so | ||||||
| 19 | seltsame Sache. Swedenborg ist ein vernünftiger, gefälliger und | ||||||
| 20 | offenherziger Mann; er ist ein Gelehrter und mein mehr erwähnter | ||||||
| 21 | Freund hat mir versprochen, einige von seinen Schriften mir in Kurzem | ||||||
| 22 | zu überschicken. Er sagte diesem ohne Zurückhaltung, daß Gott ihm | ||||||
| 23 | die sonderbare Eigenschaft gegeben habe, mit den abgeschiedenen Seelen | ||||||
| 24 | nach seinem Belieben umzugehen. Er berief sich auf ganz notorische | ||||||
| 25 | Beweisthümer. Als er an meinen Brief erinnert wurde, antwortete | ||||||
| 26 | er, er habe ihn wohl aufgenommen und würde ihn schon beantwortet | ||||||
| 27 | haben, wenn er sich nicht vorgesetzt hätte, diese ganze sonderbare Sache | ||||||
| 28 | vor den Augen der Welt öffentlich bekannt zu machen. Er würde im | ||||||
| 29 | May dieses Iahres nach London gehen, wo er sein Buch herausgeben | ||||||
| 30 | würde, darin auch die Beantwortung meines Briefes nach allen | ||||||
| 31 | Artikeln sollte anzutreffen seyn. | ||||||
| 32 | Um Ihnen, gnäd. Fräul. ein Paar Beweisthümer zu geben, | ||||||
| 33 | wo das Ganze noch lebende Publikum Zeuge ist und der Mann, welcher | ||||||
| 34 | es mir berichtet, es unmittelbar an Stelle und Ort hat untersuchen | ||||||
| 35 | können, so belieben Sie nur folgende zwei Begebenheiten zu vernehmen. | ||||||
| 36 | Madame Harteville, die Wittwe des Holländischen Envoyer in | ||||||
| 37 | Stockholm, wurde einige Zeit nach dem Tode ihres Mannes von dem | ||||||
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