| Kant: AA X, Briefwechsel 1763 , Seite 044 | |||||||
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| 01 | Vernunft am gemäßesten zu seyn erachtet habe, sich auf die verneinende | ||||||
| 02 | Seite zu lenken; nicht als ob ich vermeinet, die Unmöglichkeit davon | ||||||
| 03 | eingesehen zu haben, (denn, wie wenig ist uns doch von der Natur | ||||||
| 04 | eines Geistes bekannt?) sondern, weil sie insgesamt nicht genugsam | ||||||
| 05 | bewiesen sind; übrigens auch, was die Unbegreiflichkeit dieser Art Erscheinungen, | ||||||
| 06 | imgleichen ihre Unnützlichkeit anlangt, der Schwierigkeiten so | ||||||
| 07 | viele sind, dagegen aber des entdeckten Betruges und auch der Leichtigkeit | ||||||
| 08 | betrogen zu werden, so mancherlei, daß ich, der ich mir überhaupt nicht | ||||||
| 09 | gerne Ungelegenheit mache, nicht vor rathsam hielt, mir deswegen auf | ||||||
| 10 | Kirchhöfen oder in einer Finsterniß bange werden zu lassen. Dieses ist | ||||||
| 11 | die Stellung, in welcher sich mein Gemüth von langer Zeit her befand, | ||||||
| 12 | bis die Geschichte des Herrn Swedenborg mir bekannt gemacht wurde. | ||||||
| 13 | Diese Nachricht hatte ich durch einen Dänischen Officier, der mein | ||||||
| 14 | Freund und ehemaliger Zuhörer war, welcher an der Tafel des Oesterreichschen | ||||||
| 15 | Gesandten Dietrichstein in Kopenhagen den Brief, den dieser | ||||||
| 16 | Herr zu derselben Zeit von dem Baron von Lützow, Meklenburgschem | ||||||
| 17 | Gesandten in Stockholm, bekam, selbst nebst andern Gästen gelesen hatte, wo | ||||||
| 18 | gedachter von Lützow ihm meldet, daß er in Gesellschaft des Holländischen | ||||||
| 19 | Gesandten bei der Königin von Schweden der sonderbaren Geschichte, | ||||||
| 20 | die Ihnen, gnäd. Fr. vom Hrn. v. Swedenborg schon bekannt seyn | ||||||
| 21 | wird, selbst beigewohnet habe. Die Glaubwürdigkeit einer solchen | ||||||
| 22 | Nachricht machte mich stutzig. Denn, man kann es schwerlich annehmen, | ||||||
| 23 | daß ein Gesandter an einen andern Gesandten eine Nachricht | ||||||
| 24 | zum öffentlichen Gebrauch überschreiben sollte, welche von der | ||||||
| 25 | Königin des Hofes, wo er sich befindet, etwas melden sollte, welches | ||||||
| 26 | unwahr wäre und wobei er doch, nebst einer ansehnlichen Gesellschaft | ||||||
| 27 | zugegen wollte gewesen seyn. Um nun das Vorurtheil von Erscheinungen | ||||||
| 28 | und Gesichtern nicht durch ein neues Vorurtheil blindlings zu verwerfen, | ||||||
| 29 | fand ich es vernünftig, mich nach dieser Geschichte näher zu erkundigen. | ||||||
| 30 | Ich schrieb an gedachten Officier nach Kopenhagen und gab ihm allerlei | ||||||
| 31 | Erkundigungen auf. Er antwortete, daß er nochmals desfalls den | ||||||
| 32 | Grafen von Dietrichstein gesprochen hätte, daß die Sache sich wirklich | ||||||
| 33 | so verhielte, daß der Professor Schlegel ihm bezeuget habe, es wäre | ||||||
| 34 | gar nicht daran zu zweifeln. Er rieth mir, weil er damals zur Armee | ||||||
| 35 | unter dem General St. Germain abging, an den von Swedenborg | ||||||
| 36 | selbst zu schreiben, um nähere Umstände davon zu erfahren. Ich | ||||||
| 37 | schrieb demnach an diesen seltsamen Mann und der Brief wurde | ||||||
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