Kant: AA VII, Anthropologie in pragmatischer ... , Seite 286 |
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| 01 | hegt keinen Groll (ist negativ=gut). - Dagegen, um von ihm sagen zu | ||||||
| 02 | können: "Er hat ein gut Herz", ob dieses zwar auch zur Sinnesart gehört, | ||||||
| 03 | will schon mehr sagen. Es ist ein Antrieb zum Praktisch=Guten, | ||||||
| 04 | wenn es gleich nicht nach Grundsätzen verübt wird, so: daß der Gutmüthige | ||||||
| 05 | und Gutherzige beides Leute sind, die ein schlauer Gast brauchen kann, | ||||||
| 06 | wie er will. - Und so geht das Naturell mehr (subjectiv) aufs Gefühl | ||||||
| 07 | der Lust oder Unlust, wie ein Mensch von andern afficirt wird (und jenes | ||||||
| 08 | kann hierin etwas Charakteristisches haben), als (objectiv) aufs Begehrungsvermögen; | ||||||
| 09 | wo das Leben sich nicht blos im Gefühl, innerlich, | ||||||
| 10 | sondern auch in der Thätigkeit, äußerlich, obgleich blos nach Triebfedern | ||||||
| 11 | der Sinnlichkeit offenbart. In dieser Beziehung besteht nun das Temperament, | ||||||
| 12 | welches von einer habituellen (durch Gewohnheit zugezogenen) | ||||||
| 13 | Disposition noch unterschieden werden muß: weil dieser keine Naturanlage, | ||||||
| 14 | sondern bloße Gelegenheitsursachen zum Grunde liegen. | ||||||
| 15 | II. |
[ entsprechender Abschnitt in den Reflexionen zur Antropologie (AA XV, 506) ] | |||||
| 16 | Vom Temperament. |
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| 17 | Physiologisch betrachtet versteht man, wenn vom Temperament | ||||||
| 18 | die Rede ist, die körperliche Constitution (den starken oder schwachen | ||||||
| 19 | Bau) und Complexion (das Flüssige, durch die Lebenskraft gesetzmäßig | ||||||
| 20 | Bewegliche im Körper, worin die Wärme oder Kälte in Bearbeitung dieser | ||||||
| 21 | Säfte mit begriffen ist). | ||||||
| 22 | Psychologisch aber erwogen, d. i. als Temperament der Seele | ||||||
| 23 | (Gefühls= und Begehrungsvermögens), werden jene von der Blutbeschaffenheit | ||||||
| 24 | entlehnte Ausdrücke nur als nach der Analogie des Spiels der | ||||||
| 25 | Gefühle und Begierden mit körperlichen bewegenden Ursachen (worunter | ||||||
| 26 | das Blut die vornehmste ist) vorgestellt. | ||||||
| 27 | Da ergiebt sich nun: daß die Temperamente, die wir blos der Seele | ||||||
| 28 | beilegen, doch wohl ingeheim das Körperliche im Menschen auch zur mitwirkenden | ||||||
| 29 | wirkenden Ursache haben mögen: - ferner daß, da sie erstlich die Obereintheilung | ||||||
| 30 | derselben in Temperamente des Gefühls und der Thätigkeit | ||||||
| 31 | zulassen, zweitens jede derselben mit Erregbarkeit der Lebenskraft | ||||||
| 32 | ( intensio ), oder Abspannung ( remissio ) derselben verbunden werden kann, | ||||||
| 33 | - gerade nur vier einfache Temperamente (wie in den 4 syllogistischen | ||||||
| 34 | Figuren durch den medius terminus ) aufgestellt werden können: das sanguinische, | ||||||
| 35 | das melancholische, das cholerische und das phlegmatische; | ||||||
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