Kant: Briefwechsel, Brief 506, Von Iohann Gottlieb Fichte. |
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Von Iohann Gottlieb Fichte. | |||||||
17. Febr. 1792. | |||||||
Wohlgebohrner Herr, | |||||||
Höchstzuverehrender Herr Profeßor, | |||||||
Euer Wohlgebohrn gütiges Schreiben hat mir, sowohl um der Güte | |||||||
willen, mit der Sie meine Bitte so bald erfüllten, als um seines Inhalts | |||||||
willen, innige Freude gemacht. Ich fühle jezt über die in Untersuchung | |||||||
gekommenen Puncte ganz die Ruhe, welche nächst eigner Ueberzeugung | |||||||
auch noch die Autorität desjenigen Mannes geben muß, den man über | |||||||
alles verehrt. | |||||||
Wenn ich Ew. Wohlgebohr. Meinung richtig gefaßt habe, so bin | |||||||
ich den durch Sie vorgeschlagenen Mittelweg der Unterscheidung eines | |||||||
Glaubens der Behauptung von dem eines durch Moralität motivirten | |||||||
Annehmens in meinem Aufsatze wirklich gegangen. Ich habe | |||||||
nemlich die meinen Grundsätzen nach einzig mögliche vernunftmäßige | |||||||
Art eines Glaubens an die Göttlichkeit einer gegebnen Offenbarung, | |||||||
welcher (Glaube) nur eine gewiße Form der Religions=Wahrheiten | |||||||
zum Objecte hat, von demjenigen, der diese Wahrheiten an sich als | |||||||
reine VernunftPostulate annimmt, sorgfältig zu unterscheiden gesucht. | |||||||
Es war nemlich eine auf Erfahrung von der Wirksamkeit einer als | |||||||
göttlichen Ursprungs gedachten Form dieser Wahrheiten zur moralischen | |||||||
Vervollkommnerung sich gründende freie Annahme des göttlichen Ursprungs | |||||||
dieser Form, den man jedoch weder sich noch andern beweisen | |||||||
kann, aber eben so sicher ist, ihn nicht widerlegt zu sehen; eine Annahme, | |||||||
welche, wie jeder Glaube, blos subjectiv, aber nicht, wie der | |||||||
reine VernunftGlaube, allgemeingültig sei, da er sich auf eine besondre | |||||||
Erfahrung gründe. - Ich glaube diesen Unterschied so ziemlich in's | |||||||
Licht gesezt zu haben, und ganz zum Beschluße suchte ich die practischen | |||||||
Folgen dieser Grundsätze darzustellen; daß sie nemlich zwar alle Bemühungen | |||||||
unsre subjective Ueberzeugungen andern aufzudringen aufhöben, | |||||||
daß sie aber auch jedem den unstörbaren Genuß alles deßen, | |||||||
was er aus der Religion zu seiner Beßerung brauchen kann, sicherten, | |||||||
und den Bestreiter der positiven Religion nicht weniger als ihren | |||||||
dogmatischen Vertheidiger zur Ruhe verwiesen, u.s.w. - Grundsätze | |||||||
durch die ich bei wahrheitsliebenden Theologen keinen Zorn zu verdienen | |||||||
glaubte. Aber es ist geschehen, und ich bin jezt entschloßen | |||||||
den Aufsatz zu laßen, wie er ist, und dem Verleger zu überlaßen | |||||||
damit zu verfahren, wie er will. Euer Wohlgebohrn aber, Denen ich | |||||||
alle meine Ueberzeugungen überhaupt, als besonders die Berichtigung | |||||||
und Befestigung in denen, wovon hier vorzüglich die Rede war, verdanke, | |||||||
bitte ich die Versicherung der Hochachtung, und vollkommensten | |||||||
Ergebenheit gütig aufzunehmen, mit der ich die Ehre habe zu sein | |||||||
Euer Wohlgebohrn | |||||||
Krockow. | inniger Verehrer | ||||||
d. 17. Februar | J. G. Fichte | ||||||
1792. | |||||||
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