Kant: Briefwechsel, Brief 398, Von Franéois Théodore de la Garde. |
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| Von Franéois Théodore de la Garde. | |||||||
| 9. Ian. 1790. | |||||||
| Wohlgebohrner | |||||||
| Hochzuverehrender Herr Profeßor! | |||||||
| Ew: Wohlgebohrn, fürchte ich, werden mich für unbescheiden halten, | |||||||
| wenn ich mit der dringensten Bitte erscheine, mir mit erster Post, | |||||||
| wenigstens einen Theil, des Mscrts: gefälligst zukommen zu laßen, | |||||||
| welches ich von Ihrer Güte erwarte. Ohnmöglich habe ich ein solches | |||||||
| Mscrt. der ersten besten Drukkerey anvertrauen mögen, sondern mit | |||||||
| der Wegenerschen, die hier für eine der besten gilt, die Verabredung | |||||||
| getroffen, daß sie bis zur Ankumpft Ihres Mscrts eine Preße leer erhalten | |||||||
| sollte; das hat Herr Wegener bis zum Ablauf des vorigen | |||||||
| Iahres mit mehr Geduld gethan als ich von einem so thätigen Manne | |||||||
| erwarten konnte, der alle Vortheile seines Metiers wahrzunehmen | |||||||
| weiß. Allein jetzt will er sich nicht länger an unser Verabredung | |||||||
| binden, überdem glaube ich schwerlich daß selbst in unsern andern | |||||||
| weniger gesuchten Drukkereyen noch viele Preßen unbenutzt stehen: | |||||||
| daher wiederhohle ich meine Bitte auf das angelegentlichste und verspreche | |||||||
| mich von Ihrer Güte, daß sie dieselbe erfüllen werden. Wegen | |||||||
| meiner Andringlichkeit bitte ich nochmahls um Verzeihung, es geschiehet | |||||||
| wahrlich aus keinem andern Grunde, als weil ich dem Drukke Ihres | |||||||
| Werks alle Sorgfalt widmen wollte, deren ich fähig bin und die bey | |||||||
| einer gar zu großen Eyle öfters fruchtloß angewandt wird. | |||||||
| Ew: Wohlgebohrn werden sich vieleicht noch einer Geschichte erinnern | |||||||
| die hier mit Herrn Prediger I[enisch] wehrend meiner | |||||||
| Anwesenheit in Koenigsb: vorging und wobey dieser bey jedermann | |||||||
| in den Verdacht einer großen Unbesonnenheit verfiehl. Einen jeden | |||||||
| den ich in Koenigsb: gesprochen und der vermuthen konnte daß ich mit | |||||||
| HE I- bekannt sey, war von dem Vorfall unterrichtet; mein jüngster | |||||||
| Bruder war der erste, welcher mir alles mit Vor= und Zusatz erzehlte, | |||||||
| ich selbst wuste damals noch kein Wort von der gantzen Sache, die | |||||||
| mir jedoch bey meiner Rükkumpft von Berlin, wo sie eben so bekannt | |||||||
| als in Koen: war, von jedermann erzählt und bekräftiget wurde. | |||||||
| bald darauf fand ich Gelegenheit mit HE I- über diesen Punkt zu | |||||||
| sprechen, es schien ihm leid zu thun, daß die Sache auch selbst in | |||||||
| Koen: nicht unbekannt geblieben war. Indeßen bemühete er sich mir | |||||||
| seine Unschuld durch eine lange und äußerst komplizirte Geschichte dar | |||||||
| zu thun. Ist das alles wahr was Sie da sagen? frug ich ihm. | |||||||
| Er versicherte es hoch und theuer. Wenn dem allso ist versetzte ich, | |||||||
| so schreiben Sie alles was Sie mir eben erzehlt haben an HE Prof: | |||||||
| Kant oder Krause und bitten Sie diese Herren, daß Sie diese Ihre | |||||||
| Entschuldigung dort erzehlen; ihre Worte haben Gewicht, es kann alles | |||||||
| dazu beytragen um die vorgefaßte Meinungen, die dort ein jeder von | |||||||
| Ihnen hat zu Ihrem Besten zu wenden. "Ich darf mich kaum unterstehen | |||||||
| an Herrn Prof Kant zu schreiben, erwiederte er, ich schäme | |||||||
| mich dies solange versäumt zu haben. - Fürchten Sie nichts, antwortete | |||||||
| ich ihm, Sie kennen seine Denkungs=Art, überdem kann ich | |||||||
| Sie versichern, daß Er sich Ihrer auf der liebreichsten Art erinnert | |||||||
| hat. Und so verließ ich HE I: und dachte nicht weiter an den | |||||||
| gantzen Vorfall. Mittelerweile ich in Leipzig war hatte ein hier | |||||||
| durchreisender Iude HE I. gesagt daß mann in Koenigsb: allgemein | |||||||
| versicherte, er würde wegen eines falschen Atestes den er producirt | |||||||
| hätte, von seinen Posten entsetzt werden. Diese Rede hatte ihm sehr | |||||||
| aufgebracht und in dieser stürmischen Gemüthsverfaßung setzt er sich | |||||||
| hin und schreibt. an Ew: Wohlgebohrn einen Brief deßen Inhalt er | |||||||
| mich nach meiner Rükkumpft bekannt machte, und wo ich denn deutlich | |||||||
| gewahr wurde, daß er meinen wohlgemeinten Rath gäntzlich aus | |||||||
| den Augen gesetzt, indem er in einen Ton geschrieben, welcher nichts | |||||||
| weniger als der bittende war den ich ihm angerathen, sondern vielmehr | |||||||
| einen solchen angenommen, der Ihnen mißfallen könnte, und den ich | |||||||
| durchaus mißbilligte. Nach dem was ich HE Pr: Krause bald nach | |||||||
| meiner Rükkumpft geschrieben, können Ew: Wohlgebohrn mutmaaßen, | |||||||
| daß ich diesen Brief veranlaßt habe, ich glaube daher, zur Vermeidung | |||||||
| alles Mißverständnißes es mir selbsten schuldig zu seyn, Ihnen den | |||||||
| gantzen Vorfall so zu erzehlen wie er sich zugetragen, damit Sie mir | |||||||
| keine andere Absicht zumuthen als die hier klaar vor Augen liegt, | |||||||
| nemlich die, Herrn I. einen Rath zu geben wie er seine Entschuldigung | |||||||
| am besten anbringen könnte. An den Mißbrauch dieses gut gemeinten | |||||||
| Raths bin ich unschuldig. Hätte ich die Ehre von Ew: Wohlgebohrn | |||||||
| länger u. beßer gekannt zu seyn: so dürfte ich deswegen keinen Bewei | |||||||
| führen: allein so habe ich den Schein der Anstiftung dieser für | |||||||
| Ihnen gewiß nicht angenehmen Correspondenz wieder mich, den ich | |||||||
| entfernen muß, weil es mir unmöglich gleichgültig seyn kann welche | |||||||
| Meinung Sie von meiner Denkungs=Art hegen. | |||||||
| Mein Wunsch gehet dahin daß diese, Uberzeugung von der gantz | |||||||
| vorzüglichen Hochachtung sey, mit welcher stets zu seyn die Ehre habe | |||||||
| Ew: Wohlgebohrn | |||||||
| gantz ergebenster Diener | |||||||
| Berlin den 9 Ian 1790 | F d La Garde. | ||||||
| [ abgedruckt in : AA XI, Seite 121 ] [ Brief 397 ] [ Brief 399 ] [ Gesamtverzeichnis des Briefwechsels ] |
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