Kant: AA XIX, Erläuterungen zu G. Achenwalls Iuris ... , Seite 525 |
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7817. ρ? (υ?) κ?? μ?? J 234. |
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02 | Das Recht des Krieges ist das Recht, was einem zukommt, so fern | ||||||
03 | der status naturalis als erlaubt angesehen oder zugegeben wird. Dieses | ||||||
04 | Recht gehet nur auf die application der Gesetze des Naturrechts, welche | ||||||
05 | geschieht durch eigen Urtheil und Gewalt. Hiebey wird vorausgesetzt, daß | ||||||
06 | die Maximen der Handlungen doch allgemeingültig sind. Sind sie es | ||||||
07 | nicht, so ist die Mäßigung der Gewalt bis zu der persecratio des iuris | ||||||
08 | controversi aufgehoben, d. i. der Krieg wird ad internecionem geführt. | ||||||
7818. ρ? (υ?) κ?? μ?? J 236. |
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10 | Das Völkerrecht beruht auf diesem eintzigen Probierstein. Wenn | ||||||
11 | meine Unternehmung zu beschaffen ist, daß die Maxime derselben als | ||||||
12 | öffentlich bekant kan angenommen werden, ohne daß dieses ihr wiederstreitet, | ||||||
13 | so ist sie recht. Dagegen ist die Handlung unrecht , deren maxime, | ||||||
14 | wenn sie öffentlich bekannt wäre, sich natürlicher weise allgemeinen Wiederstand | ||||||
15 | verursachen müßte. | ||||||
16 | Die allgemeine Gewalt wird als irresistibel angesehen. Weil aber | ||||||
17 | jedermann, der an das Recht gebunden ist, sich auch auf sein Recht muß | ||||||
18 | verlassen können, so folgt daraus eine Verbindlichkeit des Völkerrechts | ||||||
19 | jedem, dem eine deutlich offenbare Gewalt geschieht, beyzustehen. | ||||||
20 | Wenn jemand also blos die Vorteilhafte Gelegenheit wählt, um einen | ||||||
21 | andern Staat zu unterdrüken, so muß er sich vorstellen, daß diese maxime | ||||||
22 | öffentlich bekannt wäre; folglich ein jeder urtheilen könnte, daß an ihn | ||||||
23 | auch die Reihe kommen könne. | ||||||
24 | In einer Sache, die ich vor gerecht halten kann, öffentlich die maxime | ||||||
25 | zu äußern, daß ich öffentliche Gewalt brauchen wolle, ist der Natur der | ||||||
26 | Sache gemäß. Dagegen Angriffe ohne Kriegsankündigung (dazu gehören | ||||||
27 | nicht die capereyen), Giftmischen, Meuchelmord, angestiftete Verrätherey, | ||||||
28 | Bestechen der Diener des Andern, falsch Geld müntzen, auf maximen sich | ||||||
29 | gründen, die man sich nicht äußern kan. Der Verlust vergeblich. Wenn | ||||||
30 | der Nachtheil, der mir aus der Bekanntmachung meiner maxime zuwachsen | ||||||
31 | würde, größer wäre, als der Verlust meiner Absicht seyn kann, so ists unmöglich, | ||||||
32 | sie als bekannt anzunehmen. Nun sind alle tückische Handlungen | ||||||
33 | von der Art. | ||||||
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