Kant: AA XVIII, Metaphysik Zweiter Theil , Seite 447

     
           
 

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  01 auf die Bedingung der Einstimung der Vernünftigen Wesen mit seinem      
  02 heiligen Gesetz. )      
           
   

 

6091.   ψ2.   M 370'. 370.   E I 680.   Zu M § 903f.
 
     
  04 M 370':      
  05 Die Weisheit und Gütigkeit Gottes in dieser Welt in concreto und      
  06 zugleich im Gantzen Zusammenhange zu erkennen, sind wir nicht im      
  07 Stande, weil wir die Vernünftige Wesen als obiecte Subiecte aller      
  08 Zweke nur auf der Erde kennen. Die neue Astronomie hat hierin der      
  09 theologie großen Nutzen geschafft. Denn, wenn wir unsere Erde als den      
  10 gantzen Schauplatz gottlicher Weisheit anzusehen hätten, würden sich      
  11 große Scrupel ereignen.      
           
  12 Auf unserer Erde ist die Einrichtung getroffen, daß wir alles Gute      
  13 sowohl in uns selbst als in unserem äußern Zustande, selbst die Kentnis      
  14 des Guten und die Lust und Wohlgefallen daran, aus uns selbst hervorbringen      
  15 solten. Da war es denn unmöglich, daß wir durch Annehmlichkeit      
  16 gelenkt würden; denn da hätten wir das Gute voraussehen können      
  17 müssen und auch Lust dazu haben (wir solten uns aber selbst durch cultur      
  18 zu unserer Bestimmung bringen). Also mußte Thätigkeit der Lauf unserer      
  19 Bestimmung seyn, der Stachel der Thätigkeit aber Schmertz. Hiebey aber      
  20 konnte es auch nicht geschehen, daß jedes Individuum sein die Bestimmung      
  21 seines Daseyns erfüllete erreichte; also blieben immer Mängel.      
  22 Nur die Gattung solte sie erreichen. Anderwerts mag es anders seyn;      
  23 auch in der Zukunft; Glauben.      
           
  24 Die disproportion zwischen unserer Naturanlage und deren Entwickelung      
  25 in jedem individuo giebt Grund zum Glauben an Zukunft. Wir      
  26 brauchen nicht Gott zuvor als gütig anzunehmen, sondern nur nach der      
  27 analogie der Natur auch ohne Gott schließen, so wird hier immer eine      
  28 Leitung auf hochste Weisheit angetroffen werden und eine theologie, die      
  29 aus dem festen Vorsatz des Fortschritts zur Vollkommenheit fließt.      
           
  30 M 370:      
  31 Die Menschen solten so gar aus sich selbst ein system des offentlichen      
  32 Guts herausbringen bey einer allgemeinen Neigung, alles auf Privatneigung      
     

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