Kant: AA XV, Reflexionen zur Anthropologie. , Seite 574

   
         
 

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  01 gut getroffen hat, in der Ehe nicht viel anderns. Allein außer dem    
  02 noch zur Liebe der reitz des Sinne oder vielmehr der phantasie, welche    
  03 die eigentliche verliebte Leidenschaft ausmacht. In ansehung derselben    
  04 ist der Zustand vor der Ehe von dem in derselben sehr weit unterschieden.    
  05 Was die bloße Geschlechtsneigung betrift, so ist die in Allen Ehen, wenn    
  06 sonst kein Unglück einer Unleidlichkeit vorkommt, ziemlich gleich. Dagegen    
  07 übersteigen, die phantasien mögen so gros gewesen seyn, als sie wollen.    
  08 Daher, wenn die Verliebte Neigung sehr groß gewesen, muß der Unwille    
  09 sich betrogen zu haben desto größer seyn, weil man aus einem Paradiese    
  10 in ein gemeines Land komt. Daher alle Heyrath aus wirklichem Verlieben    
  11 unter dem grade der Vertraglichkeit herabsinkt.    
         
   

 

1306.   υ? (ρ2?) ι2?? κ3??   M 294'.   E II 571.
 
   
  13 Es ist merkwürdig, daß das weibliche Geschlecht In ansehung dessen,    
  14 was das gemeine Beste betrift, vollig gleichgültig sey, daß, ob sie gleich    
  15 nicht immer in Ansehung einzelner Persohnen, die sie kenen, lieblos sind,    
  16 doch die Idee vom gantzen ganz und gar keine bewegende Kraft hat; so    
  17 lange das noch unangetastet bleibt, was ihre besondere Neigung interessirt,    
  18 so läßt sehen sie den Welt Lauf der Dinge, wie er geht, ohne daß es    
  19 ihnen anficht. Sie waren nicht geschaffen um an dem ganzen Gebäude    
  20 Hand anzulegen, und sehen es vor Thorheit an, sich um was mehr als    
  21 seine eigne Angelegenheit zu bekümmern.    
         
  22 Das ist sehr Gut. Die Männer erholen sich bey ihnen von den    
  23 offentlichen Angelegenheiten. Sie bringen auch in die menschlichen Dinge    
  24 die Kleinigkeit eines Spiels, wie es wirklich beschaffen ist, und mäßigen    
  25 die übergroße Wichtigkeit.    
         
   

 

1307.   υ.   M 294.   E II 593.
 
   
  27 Es ist ein Unterschied, ob das Herz weich oder Edel sey. Das erstere    
  28 machen die Moralisten der sanften Gesinnungen ohne Grundsätze.    
         
     

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