Kant: AA XV, Reflexionen zur Anthropologie. , Seite 361

   
         
 

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  01 Vereinigen sich die Kräfte nicht gnug; ohne Spiel werden sie nicht gnug    
  02 einzeln geübt.    
         
  03 So müssen wir selbst beym Spiel eine idee oder thema haben, welches    
  04 eine einzige Vorstellung ist, die durch die ganze Beschaftigung durchgeht,    
  05 damit durch die Vereinigung die Belebung desto vollkommener sey.    
         
   

 

812.   υ? (ρ2—3? σ2?) κ3??   M 216'.   E I 200.
 
   
  07 (g Fleis und genie. Jenes bedarf fähigkeit (zu lernen), dieses    
  08 Geist (ein inner Leben). )    
         
  09 Das genie ist das Vermögen der hervorbringung desjenigen, was    
  10 nicht gelernet werden kan. Es giebt Wissenschaften und Künste des genies.    
  11 Eine production ohne genie ist Arbeit. Das genie erfodert Begeisterung,    
  12 die Arbeit disposition. Das genie nimmt das product aus den Qvellen her.    
         
  13 Die Künste des Fleisses bedürfen capacitaet (Fähigkeit) (g naturel ),    
  14 die des genies Talente oder Geist, nemlich aus sich selbst etwas hervorzubringen.    
  15 Die Form des genie ist Freyheit, des Fleißes: Steifigkeit, Abgemessenheit.    
  16 Daher Es giebt genies der Idee oder Ausübung (ofters    
  17 Nachbildung). Ein genie der Ausführung ist der H ist es in der Manier    
  18 und heißt virtuose. Music, Mahlerkunst, Baukunst erlauben und erfodern    
  19 ein genie, imgleichen der Gartenzeichner. Die Künste des Fleisses erkennen    
  20 ein Muster und Urbild und bedürfen es; die des genies sind schopferisch,    
  21 d. i. sie verfahren nach einer idee. Urtheilskraft und Geschmak bestimmen    
  22 dem genie seine Schranken, daher ohne diese grentzt das genie mit der    
  23 Tollheit. In der Dichtkunst hat das genie sein wahres Feld, weil Dichten    
  24 erschaffen heißt; daher, die Einkleidung mag seyn, wie sie wolle, bloßes    
  25 Beschreiben kein gedicht macht. Darum ist auch eine poesie ohne genie    
  26 unerträglich, und Poëten dürfen nicht mittelmäßig seyn. Das genie zeigt    
  27 sich in der Erfindung oder dem Abrisse, der virtuose im Stil oder der    
  28 Manier, der Künstler in der fleißigen Ausarbeitung, d. i. in der regelmäßigkeit.    
  29 Das genie setzt sich über Regeln und giebt Gesetze. In der    
  30 Poesie zeigt das genie mehr Geist und Empfindung, in der Redekunst mehr    
  31 Urtheilskraft und Geschmak. Es ist ein Unterschied dazwischen: dieser hat    
  32 genie, oder: er ist ein genie. Das genie hängt von der Laune ab. Der    
     

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