Kant: AA XII, Briefwechsel 1796 , Seite 057 |
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692. | |||||||
02 | An Iohann Plücker. | ||||||
03 | Königsberg den 26 Januar. 1796 | ||||||
04 | Fahren Sie fort, wackerer Mann, in Beherzigung der ächten | ||||||
05 | Grundsätze desjenigen Lebenswandels, der Ihnen nicht allein hier den | ||||||
06 | Frieden der Seele sicheren, sondern Sie auch für die Zukunft aller Bekümmernis | ||||||
07 | überheben wird. - Daß ich gleichsam nur die Hebamme | ||||||
08 | Ihrer Gedanken war und Alles, wie Sie sagen, schon längst, obwohl | ||||||
09 | noch nicht geordnet, in Ihnen lag, das ist eben die rechte und einzige | ||||||
10 | Art zur gründlichen und hellen Erkenntnis zu gelangen. Denn nur | ||||||
11 | das, was wir selbst machen können, verstehen wir aus dem Grunde; | ||||||
12 | was wir von Anderen lernen sollen, davon, wenn es geistige Dinge | ||||||
13 | sind, können wir nie gewiß seyn, ob wir es auch recht verstehen, und, | ||||||
14 | die sich zu Auslegern aufwerfen, eben so wenig. | ||||||
15 | Die Stelle, aus Ihrem vor wenig Iahren an einen Ihrer Freunde | ||||||
16 | abgelassenen Briefe hat meinen vollkommenen Beyfall und "enthält das | ||||||
17 | Gesetz und die Propheten", - Auch hat mir das Experiment mit dem | ||||||
18 | Würmchen und dem fleißigsten Gemälde von demselben, unter dem | ||||||
19 | Mikroscop verglichen, als lebendig vorgestellter Abstand des Menschen | ||||||
20 | (nach dem was er hier ist) von dem Ideal der Menschheit (was er | ||||||
21 | seyn und werden soll) und seiner Bestimmung sich diesem beständig | ||||||
22 | zu nähern, durch seine Neuheit und Tauglichkeit solche Beyspiele in | ||||||
23 | der Erziehung der Iugend mehrmalen zu benutzen, nicht wenig vergnügt | ||||||
24 | Die daraus gezogene Analogie zwischen dem physischen und | ||||||
25 | moralischen Menschen (in seiner ganzen Reinigkeit) ist sinnreich und, | ||||||
26 | vornemlich zu jenem Zwecke, überaus wohl ausgedacht. | ||||||
27 | Mit einem Wort, Ihr Brief, lieber Freund, hat mir eine angenehme | ||||||
28 | Stunde gemacht, von meinen gringen Bestrebungen solche Wirkungen | ||||||
29 | hin und wieder warzunehmen; welche tröstende Empfindung dennoch | ||||||
30 | auch von Zeit zu Zeit durch die Bemühungen derer trübe gemacht | ||||||
31 | wird, die die einfachste Sache von der Welt geflissentlich zur schwierigsten | ||||||
32 | machen: indem sie, wie Ärtzte in Recepten, des Guten nicht zu viel | ||||||
33 | thun zu können wähnen und die moralisch=Kranke mit Glaubensvorschriften | ||||||
34 | überfüllen, bis ihnen darüber der Geist (das wahre Prinzip | ||||||
35 | der guten Denkungsart) ausgeht. | ||||||
36 | Einem Manne, wie Sie, der es wohl verdient, daß man ihn bey | ||||||
37 | seiner Erkundigung nach der Zuverlässigkeit Anderer in bürgerlichen | ||||||
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