Kant: AA II, Träume eines Geistersehers, ... , Seite 351 |
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01 | einem Körper und durch denselben wirksam sein könne; alles um einer sehr | ||||||
02 | gültigen Ursache willen, welche diese ist, daß ich hievon insgesammt nichts | ||||||
03 | verstehe und folglich mich wohl hätte bescheiden können, eben so unwissend | ||||||
04 | in Ansehung des künftigen Zustandes zu sein, wofern nicht die Parteilichkeit | ||||||
05 | einer Lieblingsmeinung den Gründen, die sich darboten, so schwach | ||||||
06 | sie auch sein mochten, zur Empfehlung gedient hätte. | ||||||
07 | Eben dieselbe Unwissenheit macht auch, daß ich mich nicht unterstehe | ||||||
08 | so gänzlich alle Wahrheit an den mancherlei Geistererzählungen abzuleugnen, | ||||||
09 | doch mit dem gewöhnlichen, obgleich wunderlichen Vorbehalt, eine | ||||||
10 | jede einzelne derselben in Zweifel zu ziehen, allen zusammen genommen | ||||||
11 | aber einigen Glauben beizumessen. Dem Leser bleibt das Urtheil frei; | ||||||
12 | was mich aber anlangt, so ist zum wenigsten der Ausschlag auf die Seite | ||||||
13 | der Gründe des zweiten Hauptstücks bei mir groß gnug, mich bei Anhörung | ||||||
14 | der mancherlei befremdlichen Erzählungen dieser Art ernsthaft | ||||||
15 | und unentschieden zu erhalten. Indessen da es niemals an Gründen der | ||||||
16 | Rechtfertigung fehlt, wenn das Gemüth vorher eingenommen ist, so will | ||||||
17 | ich dem Leser mit keiner weiteren Vertheidigung dieser Denkungsart beschwerlich | ||||||
18 | fallen. | ||||||
19 | Da ich mich jetzt beim Schlusse der Theorie von Geistern befinde, so | ||||||
20 | unterstehe ich mir noch zu sagen: daß diese Betrachtung, wenn sie von | ||||||
21 | dem Leser gehörig genutzt wird, alle philosophische Einsicht von dergleichen | ||||||
22 | Wesen vollende, und daß man davon vielleicht künftighin noch allerlei | ||||||
23 | meinen, niemals aber mehr wissen könne. Dieses Vorgeben klingt ziemlich | ||||||
24 | ruhmräthig. Denn es ist gewiß kein den Sinnen bekannter Gegenstand | ||||||
25 | der Natur, von dem man sagen könnte, man habe ihn durch Beobachtung | ||||||
26 | oder Vernunft jemals erschöpft, wenn es auch ein Wassertropfen, | ||||||
27 | ein Sandkorn oder etwas noch Einfacheres wäre; so unermeßlich ist die | ||||||
28 | Mannigfaltigkeit desjenigen, was die Natur in ihren geringsten Theilen | ||||||
29 | einem so eingeschränkten Verstande, wie der menschliche ist, zur Auflösung | ||||||
30 | darbietet. Allein mit dem philosophischen Lehrbegriff von geistigen Wesen | ||||||
31 | ist es ganz anders bewandt. Er kann vollendet sein, aber im negativen | ||||||
32 | Verstande, indem er nämlich die Grenzen unserer Einsicht mit Sicherheit | ||||||
33 | festsetzt und uns überzeugt: daß die verschiedene Erscheinungen des Lebens | ||||||
34 | in der Natur und deren Gesetze alles seien, was uns zu erkennen | ||||||
35 | vergönnt ist, das Principium dieses Lebens aber, d. i. die geistige Natur, | ||||||
36 | welche man nicht kennt, sondern vermuthet, niemals positiv könne gedacht | ||||||
37 | werden, weil keine data hiezu in unseren gesammten Empfindungen anzutreffen | ||||||
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