Kant: AA II, Träume eines Geistersehers, ... , Seite 322

     
           
 

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Text (Kant):

 

 

 

 
  01 Von der Erklärung, was der Begriff eines Geistes enthalte, ist der      
  02 Schritt noch ungemein weit zu dem Satze, daß solche Naturen wirklich,      
  03 ja auch nur möglich seien. Man findet in den Schriften der Philosophen      
  04 recht gute Beweise, darauf man sich verlassen kann: daß alles, was daß      
  05 denkt, einfach sein müsse, daß eine jede vernünftigdenkende Substanz eine      
  06 Einheit der Natur sei, und das untheilbare Ich nicht könne in einem Ganzen      
  07 von viel verbundenen Dingen vertheilt sein. Meine Seele wird also      
  08 eine einfache Substanz sein. Aber es bleibt durch diesen Beweis noch      
  09 immer unausgemacht, ob sie von der Art derjenigen sei, die in dem Raume      
  10 vereinigt ein ausgedehntes und undurchdringliches Ganze geben, und also      
  11 materiell, oder ob sie immateriell und folglich ein Geist sei, ja sogar, ob      
  12 eine solche Art Wesen als diejenige, so man geistige nennt, nur möglich      
  13 sei.      
           
  14 Und hiebei kann ich nicht umhin vor übereilten Entscheidungen zu      
  15 warnen, welche in den tiefsten und dunkelsten Fragen sich am leichtesten      
  16 eindringen. Was nämlich zu den gemeinen Erfahrungsbegriffen gehört,      
  17 das pflegt man gemeiniglich so anzusehen, als ob man auch seine Möglichkeit      
  18 einsehe. Dagegen was von ihnen abweicht und durch keine Erfahrung      
  19 auch nicht einmal der Analogie nach verständlich gemacht werden      
  20 kann, davon kann man sich freilich keinen Begriff machen, und darum      
  21 pflegt man es gerne als unmöglich sofort zu verwerfen. Alle Materie      
  22 widersteht in dem Raume ihrer Gegenwart und heißt darum undurchdringlich.      
  23 Daß dieses geschehe, lehrt die Erfahrung, und die Abstraction      
  24 von dieser Erfahrung bringt in uns auch den allgemeinen Begriff der      
  25 Materie hervor. Dieser Widerstand aber, den Etwas in dem Raume seiner      
  26 Gegenwart leistet, ist auf solche Weise wohl erkannt, allein darum      
  27 nicht begriffen. Denn es ist derselbe, so wie alles, was einer Thätigkeit      
  28 entgegenwirkt, eine wahre Kraft, und da ihre Richtung derjenigen      
  29 entgegen steht, wornach die fortgezogne Linien der Annäherung zielen, so      
  30 ist sie eine Kraft der Zurückstoßung, welche der Materie und folglich      
  31 auch ihren Elementen muß beigelegt werden. Nun wird sich ein jeder      
  32 Vernünftige bald bescheiden, daß hier die menschliche Einsicht zu Ende sei.      
  33 Denn nur durch die Erfahrung kann man inne werden, daß Dinge der      
  34 Welt, welche wir materiell nennen, eine solche Kraft haben, niemals      
  35 aber die Möglichkeit derselben begreifen. Wenn ich nun Substanzen anderer      
  36 Art setze, die mit andern Kräften im Raume gegenwärtig sind, als      
  37 mit jener treibenden Kraft, deren Folge die Undurchdringlichkeit ist, so      
           
     

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