Kant: AA II, Der einzig mögliche ... , Seite 151 |
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| 01 | der Ausschlag der allgemeinen Gesetzen überlassenen Natur selbst aus dem | ||||||
| 02 | Chaos auf Regelmäßigkeit abziele. | ||||||
| 03 | Achte Betrachtung. |
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| 04 | Von der göttlichen Allgenugsamkeit. |
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| 05 | Die Summe aller dieser Betrachtungen führt uns auf einen Begriff | ||||||
| 06 | von dem höchsten Wesen, der alles in sich faßt, was man nur zu gedenken | ||||||
| 07 | vermag, wenn Menschen, aus Staube gemacht, es wagen ausspähende | ||||||
| 08 | Blicke hinter den Vorhang zu werfen, der die Geheimnisse des Unerforschlichen | ||||||
| 09 | für erschaffene Augen verbirgt. Gott ist allgenugsam. Was da ist, | ||||||
| 10 | es sei möglich oder wirklich, das ist nur etwas, in so fern es durch ihn gegeben | ||||||
| 11 | ist. Eine menschliche Sprache kann den Unendlichen so zu sich selbst | ||||||
| 12 | reden lassen: Ich bin von Ewigkeit zu Ewigkeit, außer mir ist | ||||||
| 13 | nichts, ohne in so fern es durch mich etwas ist. Dieser Gedanke, | ||||||
| 14 | der erhabenste unter allen, ist noch sehr vernachlässigt, oder mehrentheils | ||||||
| 15 | gar nicht berührt worden. Das, was sich in den Möglichkeiten der Dinge | ||||||
| 16 | zu Vollkommenheit und Schönheit in vortrefflichen Planen darbietet, ist | ||||||
| 17 | als ein für sich nothwendiger Gegenstand der göttlichen Weisheit, aber | ||||||
| 18 | nicht selbst als eine Folge von diesem unbegreiflichen Wesen angesehen | ||||||
| 19 | worden. Man hat die Abhängigkeit anderer Dinge blos auf ihr Dasein | ||||||
| 20 | eingeschränkt, wodurch ein großer Antheil an dem Grunde von so viel | ||||||
| 21 | Vollkommenheit jener obersten Natur entzogen und ich weiß nicht welchem | ||||||
| 22 | ewigen Undinge beigemessen wird. | ||||||
| 23 | Fruchtbarkeit eines einzigen Grundes an viel Folgen, Zusammenstimmung | ||||||
| 24 | und Schicklichkeit der Naturen, nach allgemeinen Gesetzen ohne | ||||||
| 25 | öftern Widerstreit in einem regelmäßigen Plane zusammen zu passen, | ||||||
| 26 | müssen zuvörderst in den Möglichkeiten der Dinge angetroffen werden, | ||||||
| 27 | und nur alsdann kann Weisheit thätig sein sie zu wählen. Welche Schranken, | ||||||
| 28 | die dem Unabhängigen aus einem fremden Grunde gesetzt sein würden, | ||||||
| 29 | wenn selbst diese Möglichkeiten nicht in ihm gegründet wären? Und | ||||||
| 30 | was für ein unverständliches Ungefähr, daß sich in diesem Felde der Möglichkeit | ||||||
| 31 | ohne Voraussetzung irgend eines Existirenden Einheit und fruchtbare | ||||||
| 32 | Zusammenpassung findet, dadurch das Wesen von den höchsten Graden | ||||||
| 33 | der Macht und Weisheit, wenn jene äußere Verhältnisse mit seinem | ||||||
| 34 | innern Vermögen verglichen werden, sich im Stande sieht große Vollkommenheit | ||||||
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