Kant: AA XIX, Erläuterungen zu G. Achenwalls Iuris ... , Seite 574

     
           
 

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    7988.   ψ3?   J 101.
 
     
  02 Zu der maiestät des summi imperantis wird erfodert, daß er nicht      
  03 unrecht thun könne, weil er sich selbst den Unterthanen gleich macht. Er      
  04 kann also Gesetzgeben und regiren aber nicht administriren und richten.      
  05 Das erste durch minister und magistraete gouvernement, das zweyte durch      
  06 magistrat und richter.      
           
   

 

7989.   ψ3--4.   J 102.
 
     
  08 Im Staat muß eine einige potestas legislatoria seyn; diese muß      
  09 zugleich die höchste irresistible Gewalt haben. Nun kan sie zwar aus      
  10 mehreren Personen oder Theilen bestehen, die alle einen Antheil an der      
  11 Gesetzgebung und Gewalt haben, aber nicht aus solchen, die zwar gesetzgebend      
  12 aber nicht gewalthabend* seyn, weil sie sonst keinen durchs Gesetz      
  13 obligiren können, indem sie nicht zugleich dabey schützen können. Es kan      
  14 aber der, so die Oberste Gewalt hat, Unrecht thun, indem er sie ganz an      
  15 sich reißt, aber, weil er nun das Oberhaupt der Gerechtigkeit ist, s0 thut      
  16 jedermann unrecht, der wieder ihn Gewalt braucht. Also hat er als Staatsoberhaupt      
  17 immer recht, obzwar als Mensch unrecht.      
           
  18 J 103:      
    (g      
  19 * Der Staat muß einen einzigen Souverain (g Beherrscher      
  20 Herrscher -- ist er einzeln Selbstherrscher ) haben, der      
  21 allein Gesetzgebend und auch allein Gewalthabend ist. Nun kann keiner      
  22 den Souverain in Ansehung der Gesetze einschränken, also muß es ein      
  23 Theil des Souverains seyn, der den andern einschränkt und dazu auch      
  24 volle Gewalt hat. Denn wäre das nicht, so hätte dieser Theil zwar Gesetzgebendes      
  25 Ansehen aber nicht eine ihm Gemäße Gewalt. Der Souverain      
  26 aber, dessen Gesetzgebung eingeschränkt wird, hat nicht das Ganze      
  27 Gesetzgebende Ansehen, und da ohne dasselbe und ohne das Recht auch      
  28 keine Gewalt seyn kan, würde ihm Gesetzmäßig auch nicht alle Gewalt      
  29 zukommen, d. i. er wäre kein Souverain. Wenn er nun aber ein solcher      
  30 ist aber unter pactis constitutionalibus der Einschränkung auf die Einstimmung      
  31 anderer vom Volk, so hat dessen Privilegium nicht gesetzgebendes      
  32 Ansehen sondern nur das Recht der remonstration, welches      
  33 kein Recht ist zu wiederstehen sondern zu imploriren, welches kein      
  34 strenges Recht ist, und vom Souverain auch genommen werden kann.      
           
     

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