Kant: AA XIX, Erläuterungen zu G. Achenwalls Iuris ... , Seite 575 |
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01 | Die Unterthanen werden selbst durch die resistentz gegen den souverain | ||||||
02 | in ihrer Sicherheit laedirt, denn diese ist der Grund ihres pacti | ||||||
03 | civilis und bey dessen Veränderung seiner Gewalt, und daß er resistibel | ||||||
04 | wird, sind sie nicht gesichert. Selbst ein vsurpateur, wenn er einmal | ||||||
05 | alle Gewalt hat, thut zwar dem Kronprätendenten Unrecht, aber das | ||||||
06 | Volk hat kein Recht zu resistiren, denn | ||||||
07 | es hätte entweder alle dazu gehörige Gewalt aber ohne Abdankung des | ||||||
08 | Souverains bekommen, so wären im Augenblick zwey Souveraine, oder | ||||||
09 | es hätte sie nicht, so wäre kein völliger Gesetzgeber, weil die Gewalt vor | ||||||
10 | dem Gesetz vorher geht. | ||||||
) | |||||||
7990. ψ3--4. J 102. |
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12 | Es ist nur eine rechtmäßige Regirungsart möglich, nemlich die aus | ||||||
13 | einem Staatsoberhaupt und dem Volk besteht. Selbst in der Aristocratie | ||||||
14 | müßte das Volk noch einen repraesentanten haben, der an den Gesetzen | ||||||
15 | theil hat und auch Gewalt besitzt; aber das Volk kan wieder durch zwey | ||||||
16 | einander einschränkende Glieder einen. | ||||||
7991. ψ3--4. J 102. |
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18 | Was müßte aber wohl der Souverain thun, wenn er wirklich dem | ||||||
19 | Volke einen Einflus auf die Gesetzgebung, also auch eine Gewalt einräumen, | ||||||
20 | mithin sich aus einem souverain in einen Monarchen verwandeln | ||||||
21 | wollte: Er müßte das Ganze Volk berufen und sie darüber rathschlagen | ||||||
22 | lassen; denn sonst könnte die Sicherheit vieler für ihre Rechte unter einer | ||||||
23 | getheilten oberen Gewalt leiden. | ||||||
7992. ψ3--4. J 103. |
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25 | Es ist keine Möglichkeit, sich eine Constitution zu denken, worin daß | ||||||
26 | Volk gesetzmäßig ein recht bekäme, den Souverain zu beurtheilen, zu richten | ||||||
27 | und ihn abzusetzen, ja auch nur ihn im Mindesten einzuschränken. Denn | ||||||
28 | da mußten sie auch dazu eine Gewalt haben, und da nur ein Souverain | ||||||
29 | seyn kann, so wäre der erstere nicht souverain. | ||||||
7993. ψ? χ? J 104. |
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31 | Die Frage ist, ob es zum Gesetz genug sey zu sagen, ein Vergehen | ||||||
32 | werde bestraft werden, oder nöthig sey zu sagen, wie und wie sehr es werde | ||||||
33 | bestraft werden. | ||||||
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