Kant: AA XVI, Einleitung in die Vernunftlehre. [L §. ... , Seite 008 |
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1571. β1. L 1'. |
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02 | Logica aliter definita: Est scientia dirigendi facultatem | ||||||
03 | cognoscitivam in perspicienda veritate. Ist die Wißenschaft von dem | ||||||
04 | richtigen Gebrauch der Vernunft. | ||||||
05 | Der Verfaßer unterscheidet hier das gelehrte von dem gemeinen Erkentniße. | ||||||
06 | Die gemeine Erkenntniß siehet entweder besondere oder allgemeine | ||||||
07 | Warheiten ein. Beyde aber nur aus folgenden Gründen. 1. aus | ||||||
08 | dem Gebrauch der Sinne. 2. aus der Erwartung ähnlicher Fälle. 3. aus | ||||||
09 | dem (g Schluß von der ) Übereinstimmung vieler besonderer Fälle auf | ||||||
10 | allgemeine. 4. aus dem Schluße mit einander (g gewöhnlich ) verbundener | ||||||
11 | Dinge darauf, daß eins die Ursache des andern sey. Di | ||||||
12 | Die gemeine Erkenntniß weis die Gründe von der Richtigkeit seiner | ||||||
13 | Einsichten durch den Zusammenhang derselben mit den allgemeinen und | ||||||
14 | ersten Grundsätzen nicht einzusehen. Weil sie durch die Sinne beynahe | ||||||
15 | nur entstanden ist, so wird sie durch den vicarius der Sinne, die Einbildung | ||||||
16 | Kraft, unterhalten und verdunkelt. | ||||||
17 | Gelehrt ist dasjenige Erkenntniß, welches durch eine besondere Anwendung | ||||||
18 | der Vernunftkräfte und durch wohlerwiesene Regeln von ihrer | ||||||
19 | Richtigkeit erlangt wird.* | ||||||
20 | * (g Man theilt gemeiniglich die Logik in naturalem und artificialem, | ||||||
21 | in die natürliche und künstliche ein. Die erstere ist eine bloße | ||||||
22 | Ausübung der regeln richtig zu denken, ohne diese Regeln selber zu | ||||||
23 | kennen. Man hat nur einen obscuren Begriff von den Regeln, nach | ||||||
24 | welchen die Begriffe geordnet und verbunden werden sollen. Es ist | ||||||
25 | leicht zu beweisen, daß, der nach solchen Regeln handelt, keine Wißenschaft | ||||||
26 | derselben hat. per definitionem scientiae. Also kan es auch keine | ||||||
27 | natürliche Logick genant werden. Es giebt also keine eigentliche Logick, | ||||||
28 | als nur in dem gelehrten Erkenntniße. ) | ||||||
29 | Zu L §. 2 Nr.1: | ||||||
30 | Logica experimentalis. Wir bemerken, daß sich alle Begriffe | ||||||
31 | deutlicher faßen laßen, wenn man sie durch Bilder der imagination kan | ||||||
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