Kant: AA X, Briefwechsel 1771 , Seite 124

     
           
 

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  01 aller menschlichen Bemühungen nemlich die Vergessenheit erdulden      
  02 müssen.      
           
  03 Können Sie sich überwinden zu schreiben ob Sie gleich nur      
  04 selten Antworten erhalten so wird ihr weitläuftigster Brief meiner      
  05 China gute Beyhülfe zur Frühlingscur geben. Ich bitte HEn.      
  06 Mendelssohn und HEn. Lambert meine Entschuldigungen und die      
  07 Versicherungen meiner größten Ergebenheit zu machen. Ich denke      
  08 daß wenn mein Magen allmählig seine Pflicht thun wird auch meine      
  09 Finger nicht verabsäumen werden die ihrige zu erfüllen. Ich begleite      
  10 alle Ihre Unternehmungen mit den Wünschen eines      
           
  11 Koenigsberg aufrichtigtheilnehmenden Freundes      
  12 d. 7. Jun: 1771. Immanuel Kant.      
           
           
    68. [ Handschriftliche Notiz 1820a zum Brief: AA 16, Seite 127 ]    
  14 Von Marcus Herz.      
           
  15 Berlin den 9ten July 1771.      
           
  16 Insonders Hochgeehrter Herr Profeßor      
           
  17 Ihr letzter Brief hat mir außer dem gewöhnlichen Vergnügen,      
  18 mich in dem Gedächtniße meines theuren Lehrers noch nicht verloschen      
  19 zu sehen, noch ein ganz besonderes verschaft, daran Sie vielleicht      
  20 weniger gedacht haben als es mir von Wichtigkeit ist. Mein Freund      
  21 Herr Friedländer sagte mir bey seiner Ankunft, daß Sie kein so      
  22 großer Verehrer der speckulativen Weltweisheit mehr seyn als Sie es      
  23 vormals waren, was sage ich kein Verehrer? daß Sie sie ihm bey      
  24 einer gewißen Gelegenheit ausdrücklich für eine nutzenlose Grübeley      
  25 ausgegeben, die von einigen Gelehrten in den Studirstuben verstanden      
  26 wird, die aber zu weit von dem Getümmel der Welt entfernt sind,      
  27 um da ihrer Theorie gemäße Verändrungen hervorzubringen; von      
  28 dem übrigen größten Theil der Welt gar nicht verstanden wird, und      
  29 daher auf ihr Wol nicht den mindesten Einfluß haben kann; die      
  30 Moral für den gemeinen Mann, meynten Sie daher, wäre allein      
  31 das einem Gelehrten angemeßene Studium; hier dringe er in das      
  32 Herz ein, hier studire er die Empfindungen und suche dieselbe nach      
  33 Regeln der gemeinen Erfahrung in Ordnung zu bringen. Wie zitterte      
  34 ich bey dieser Nachricht! wie, dachte ich, war das also bloße Täüschung      
  35 von meinem Lehrer, daß er mir bey so manigfaltiger Gelegenheit      
  36 den Wert der Metaphisick so sehr anpries; oder empfand er damal      
           
     

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