Kant: AA X, Briefwechsel 1771 , Seite 123 |
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01 | der weltläuftigsten Anwendung anstellt. Ich bin daher ietzo damit | ||||||
02 | beschäftigt ein Werk welches unter dem Titel: Die Grentzen der | ||||||
03 | Sinnlichkeit und der Vernunft das Verhältnis der vor die | ||||||
04 | Sinnenwelt bestimten Grundbegriffe und Gesetze zusammt dem Entwurfe | ||||||
05 | dessen was die Natur der Geschmackslehre, Metaphysick u. Moral ausmacht | ||||||
06 | enthalten soll etwas ausführlich auszuarbeiten. Den Winter | ||||||
07 | hindurch bin ich alle Materialien dazu durchgegangen, habe alles | ||||||
08 | gesichtet gewogen an einander gepaßt bin aber mit dem Plane dazu | ||||||
09 | nur erst kürzlich fertig geworden. | ||||||
10 | Meine zweyte Ursache muß Ihnen als einem Artze noch | ||||||
11 | gültiger seyn nemlich daß da meine Gesundheit merklich gelitten hat | ||||||
12 | es unumganglich nöthig sey meiner Natur Vorschub zu thun sich | ||||||
13 | allmälig zu erholen und um deswillen alle Anstrengungen eine Zeitlang | ||||||
14 | auszusetzen und nur immer die Augenblicke der guten Laune zu nutzen | ||||||
15 | die übrige Zeit aber der Gemächlichkeit und kleinen Ergötzlichkeiten zu | ||||||
16 | widmen. Dieses und der tägliche Gebrauch der Chinarinde seit dem | ||||||
17 | October vorigten Iahres haben selbst nach dem Urtheil meiner Bekanten | ||||||
18 | mir schon sichtbarlich aufgeholfen. Ich zweifle nicht daß Sie eine Nachläßigkeit | ||||||
19 | nach Grundsätzen der Arzneykunst nicht gantz misbilligen werden. | ||||||
20 | Ich erfahre mit Vergnügen daß sie im Begriffe seyn eine Ausarbeitung | ||||||
21 | von der Natur der spekulativen Wissenschaften in Druck zu | ||||||
22 | geben. Ich sehe ihr mit Sehnsucht entgegen und da sie früher als | ||||||
23 | meine Schrift fertig werden wird so kan ich noch allerley Wincke die | ||||||
24 | ich vermuthlich da antreffen werde mir zu Nutze machen. Das Vergnügen | ||||||
25 | was ich an dem Beyfall den vermuthlich ihr erster offentlicher | ||||||
26 | Versuch erhalten wird empfinden werde, hat, ob es zwar ingeheim | ||||||
27 | keinen geringen Gehalt von Eitelkeit haben mag doch einen starken | ||||||
28 | Geschmak einer uneigennützigen uud freundschaftlichen Theilnehmung. | ||||||
29 | HE. Kanter hat meine dissertation an welcher ich nichts habe ändern | ||||||
30 | mögen nachdem ich den Plan zu der vollständigern Ausführung in den | ||||||
31 | Kopf bekommen ziemlich spät und nur in geringer Zahl so gar ohne solche | ||||||
32 | dem Meßcatalogus einzuverleiben auswärtig verschickt. Weil diese der | ||||||
33 | text ist worüber das Weitere in der folgenden Schrift soll gesagt werden, | ||||||
34 | weil auch manche abgesonderte Gedanken darin vorkommen welche ich | ||||||
35 | schwerlich irgend anzuführen gelegenheit haben dürfte und doch die | ||||||
36 | dissertation mit ihren Fehlern keiner neuen Auflage würdig scheint so | ||||||
37 | verdrießt es mich etwas daß diese Arbeit so geschwinde das Schicksal | ||||||
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