Kant: AA VII, Anthropologie in pragmatischer ... , Seite 144 |
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01 | Das Passive in der Sinnlichkeit, was wir doch nicht ablegen können, | ||||||
02 | ist eigentlich die Ursache alles des Übels, was man ihr nachsagt. Die | ||||||
03 | innere Vollkommenheit des Menschen besteht darin: daß er den Gebrauch | ||||||
04 | aller seiner Vermögen in seiner Gewalt habe, um ihn seiner freien | ||||||
05 | Willkür zu unterwerfen. Dazu aber wird erfordert, daß der Verstand | ||||||
06 | herrsche, ohne doch die Sinnlichkeit (die an sich Pöbel ist, weil sie nicht | ||||||
07 | denkt) zu schwächen: weil ohne sie es keinen Stoff geben würde, der zum | ||||||
08 | Gebrauch des gesetzgebenden Verstandes verarbeitet werden könnte. | ||||||
09 | Rechtfertigung der Sinnlichkeit gegen die |
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10 | erste Anklage. |
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11 | § 9. Die Sinne verwirren nicht. Dem, der ein gegebenes | ||||||
12 | Mannigfaltige zwar aufgefaßt, aber noch nicht geordnet hat, kann | ||||||
13 | man nicht nachsagen, daß er es verwirre. Die Wahrnehmungen der | ||||||
14 | Sinne (empirische Vorstellungen mit Bewußtsein) können nur innere Erscheinungen | ||||||
15 | heißen. Der Verstand, der hinzukommt und sie unter einer | ||||||
16 | Regel des Denkens verbindet (Ordnung in das Mannigfaltige hineinbringt), | ||||||
17 | macht allererst daraus empirisches Erkenntniß, d. i. Erfahrung. | ||||||
18 | Es liegt also an dem seine Obliegenheit vernachlässigenden Verstande, | ||||||
19 | wenn er keck urtheilt, ohne zuvor die Sinnenvorstellungen nach Begriffen | ||||||
20 | geordnet zu haben, und dann nachher über die Verworrenheit derselben | ||||||
21 | klagt, die der sinnlich gearteten Natur des Menschen zu Schulden kommen | ||||||
22 | müsse. Dieser Vorwurf trifft sowohl die ungegründete Klage über die | ||||||
23 | Verwirrung der äußeren, als der inneren Vorstellungen durch die Sinnlichkeit. | ||||||
25 | Die sinnlichen Vorstellungen kommen freilich denen des Verstandes | ||||||
26 | zuvor und stellen sich in Masse dar. Aber desto reichhaltiger ist der Ertrag, | ||||||
27 | wenn der Verstand mit seiner Anordnung und intellectuellen Form | ||||||
28 | hinzukommt und z.B. prägnante Ausdrücke für den Begriff, emphatische | ||||||
29 | für das Gefühl und interessante Vorstellungen für die Willensbestimmung | ||||||
30 | ins Bewußtsein bringt. - Der Reichthum, den die Geistesproducte | ||||||
31 | in der Redekunst und Dichtkunst dem Verstande auf einmal (in | ||||||
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