|
|
Kant: AA VII, Der Streit der ... , Seite 086 |
|
|
|
|
|
|
|
|
|
|
Zeile: |
Text (Kant): |
Verknüpfungen: |
|
|
|
01 |
wenigstens der Idee nach, sein kann,*) mithin in die Bedingung einzutreten, |
|
|
|
|
02 |
wodurch der Krieg (der Quell aller Übel und Verderbniß der Sitten) |
|
|
|
|
03 |
abgehalten und so dem Menschengeschlechte bei aller seiner Gebrechlichkeit |
|
|
|
|
04 |
der Fortschritt zum Besseren negativ gesichert wird, im Fortschreiten |
|
|
|
|
05 |
wenigstens nicht gestört zu werden. |
|
|
|
|
|
|
|
|
|
|
06 |
Dies also und die Theilnehmung am Guten mit Affect, der Enthusiasm, |
|
|
|
|
07 |
ob er zwar, weil aller Affect als ein solcher Tadel verdient, |
|
|
|
|
08 |
nicht ganz zu billigen ist, giebt doch vermittelst dieser Geschichte zu der |
|
|
|
|
09 |
für die Anthropologie wichtigen Bemerkung Anlaß: daß wahrer Enthusiasm |
|
|
|
|
10 |
nur immer aufs Idealische und zwar rein Moralische geht, |
|
|
|
|
11 |
dergleichen der Rechtsbegriff ist, und nicht auf den Eigennutz gepfropft |
|
|
|
|
12 |
werden kann. Durch Geldbelohnungen konnten die Gegner der Revolutionirenden |
|
|
|
|
13 |
zu dem Eifer und der Seelengröße nicht gespannt werden, den |
|
|
|
|
14 |
der bloße Rechtsbegriff in ihnen hervorbrachte, und selbst der Ehrbegriff |
|
|
|
|
15 |
des alten kriegerischen Adels (ein Analogon des Enthusiasm) verschwand |
|
|
|
|
16 |
vor den Waffen derer, welche das Recht des Volks, wozu sie gehörten, ins |
|
|
|
|
17 |
Auge gefaßt hatten**) und sich als Beschützer desselben dachten; mit welcher |
|
|
|
|
|
|
|
|
|
|
|
*)Es ist aber hiemit nicht gemeint, daß ein Volk, welches eine monarchische Constitution hat, sich damit das Recht anmaße, ja auch nur in sich geheim den Wunsch hege, sie abgeändert zu wissen; denn seine vielleicht sehr verbreitete Lage in Europa kann ihm jene Verfassung als die einzige anempfehlen, bei der es sich zwischen mächtigen Nachbaren erhalten kann. Auch ist das Murren der Unterthanen nicht des Innern der Regierung halber, sondern wegen des Benehmens derselben gegen Auswärtige, wenn sie diese etwa am Republicanisiren hinderte, gar kein Beweis der Unzufriedenheit des Volks mit seiner eigenen Verfassung, sondern vielmehr der Liebe für dieselbe, weil es wider eigene Gefahr desto mehr gesichert ist, je mehr sich andere Völker republicanisiren. -Dennoch haben verläumderische Sykophanten, um sich wichtig zu machen, diese unschuldige Kannegießerei für Neuerungssucht, Jacobinerei und Rottirung, die dem Staat Gefahr drohe, auszugeben gesucht: indessen daß auch nicht der mindeste Grund zu diesem Vorgeben da war, vornehmlich nicht in einem Lande, was vom Schauplatz der Revolution mehr als hundert Meilen entfernt war. |
|
|
|
|
|
|
|
|
|
|
|
**)Von einem solchen Enthusiasm der Rechtsbehauptung für das menschliche Geschlecht kann man sagen: postquam ad arma Vulcania ventum est, - mortalis mucro glacies ceu futilis ictu dissiluit. - Warum hat es noch nie ein Herrscher gewagt, frei herauszusagen, daß er gar kein Recht des Volks gegen ihn anerkenne; daß dieses seine Glückseligkeit bloß der Wohlthätigkeit einer Regierung, die diese ihm angedeihen läßt, verdanke, und alle Anmaßung des Unterthans zu einem Recht gegen dieselbe (weil dieses den Begriff eines erlaubten Widerstands in sich [Seitenumbruch] enthält) ungereimt, ja gar strafbar sei? - Die Ursache ist; weil eine solche öffentliche Erklärung aller Unterthanen gegen ihn empören würde, ob sie gleich, wie folgsame Schafe von einem gütigen und verständigen Herren geleitet, wohlgefüttert und kräftig beschützt, über nichts, was ihrer Wohlfahrt abginge, zu klagen hätten. Denn mit Freiheit begabten Wesen gnügt nicht der Genuß der Lebensannehmlichkeit, die ihm auch von Anderen (und hier von der Regierung) zu Theil werden kann; sondern auf das Princip kommt es an, nach welchem es sich solche verschafft. Wohlfahrt aber hat kein Princip, weder für den, der sie empfängt, noch der sie austheilt (der eine setzt sie hierin, der andere darin): weil es dabei auf das Materiale des Willens ankommt, welches empirisch und so der Allgemeinheit einer Regel unfähig ist. Ein mit Freiheit begabtes Wesen kann und soll also im Bewußtsein dieses seines Vorzuges vor dem vernunftlosen Thier nach dem formalen Princip seiner Willkür keine andere Regierung für das Volk, wozu es gehört, verlangen, als eine solche, in welcher dieses mit gesetzgebend ist: d. i. das Recht der Menschen, welche gehorchen sollen, muß nothwendig vor aller Rücksicht auf Wohlbefinden vorhergehen, und dieses ist ein Heiligthum, das über allen Preis (der Nützlichkeit) erhaben ist, und welches keine Regierung, so wohlthätig sie auch immer sein mag, antasten darf. - Aber dieses Recht ist doch immer nur eine Idee, deren Ausführung auf die Bedingung der Zusammenstimmung ihrer Mittel mit der Moralität eingeschränkt ist, welche das Volk nicht überschreiten darf; welches nicht durch Revolution, die jederzeit ungerecht ist, geschehen darf.- Autokratisch herrschen und dabei doch republicanisch, d. h. im Geiste des Republicanism und nach einer Analogie mit demselben, regieren, ist das, was ein Volk mit seiner Verfassung zufrieden macht. |
|
|
|
|
|
|
|
|
|
|
|
[ Seite 085 ] [ Seite 087 ] [ Inhaltsverzeichnis ] |
|
|
|
|
|
|
|
|
|
|
|
|
|
|
|
|
|
|
|
|
|