Kant: AA VII, Der Streit der ... , Seite 008 |
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| 01 | nicht im Buche: "Religion innerhalb den Gränzen etc.," mich gegen gegen | ||||||
| 02 | die allerhöchste, mir bekannte landesväterliche Absichten vergangen, | ||||||
| 03 | d. i. der öffentlichen Landesreligion Abbruch gethan habe; welches schon | ||||||
| 04 | daraus erhellt, daß jenes Buch dazu gar nicht geeignet, vielmehr für das | ||||||
| 05 | Publicum ein unverständliches, verschlossenes Buch und nur eine Verhandlung | ||||||
| 06 | zwischen Facultätsgelehrten vorstellt, wovon das Volk keine Notiz | ||||||
| 07 | nimmt; in Ansehung deren aber die Facultäten selbst frei bleiben, nach | ||||||
| 08 | ihrem besten Wissen und Gewissen öffentlich zu urtheilen, und nur die eingesetzte | ||||||
| 09 | Volkslehrer (in Schulen und auf Kanzeln) an dasjenige Resultat | ||||||
| 10 | jener Verhandlungen, was die Landesherrschaft zum öffentlichen Vortrage | ||||||
| 11 | für diese sanctionirt, gebunden werden, und zwar darum, weil die letztere | ||||||
| 12 | sich ihren eigenen Religionsglauben auch nicht selbst ausgedacht, sondern | ||||||
| 13 | ihn nur auf demselben Wege, nämlich der Prüfung und Berichtigung durch | ||||||
| 14 | dazu sich qualificirende Facultäten (die theologische und philosophische) | ||||||
| 15 | hat überkommen können, mithin die Landesherrschaft diese nicht allein zuzulassen | ||||||
| 16 | sondern auch von ihnen zu fordern berechtigt ist, alles, was sie | ||||||
| 17 | einer öffentlichen Landesreligion zuträglich finden, durch ihre Schriften zur | ||||||
| 18 | Kenntniß der Regierung gelangen zu lassen. | ||||||
| 19 | Daß ich dem genannten Buche, weil es gar keine Würdigung | ||||||
| 20 | des Christenthums enthält, mir auch keine Abwürdigung desselben habe | ||||||
| 21 | zu Schulden kommen lassen: denn eigentlich enthält es nur die Würdigung | ||||||
| 22 | der natürlichen Religion. Die Anführung einiger biblischer Schriftstellen | ||||||
| 23 | zur Bestätigung gewisser reiner Vernunftlehren der Religion kann allein | ||||||
| 24 | zu diesem Mißverstande Veranlassung gegeben haben. Aber der sel. Michaelis, | ||||||
| 25 | der in seiner philosophischen Moral eben so verfuhr, erklärte sich | ||||||
| 26 | schon hierüber dahin, daß er dadurch weder etwas Biblisches in die Philosophie | ||||||
| 27 | hinein, noch etwas Philosophisches aus der Bibel heraus zu bringen | ||||||
| 28 | gemeint sei, sondern nur seinen Vernunftsätzen durch wahre oder vermeinte | ||||||
| 29 | Einstimmung mit Anderer (vielleicht Dichter und Redner) Urtheile Licht | ||||||
| 30 | und Bestätigung gäbe. -Wenn aber die Vernunft hiebei so spricht, als | ||||||
| 31 | ob sie für sich selbst hinlänglich, die Offenbarungslehre also überflüssig | ||||||
| 32 | wäre (welches, wenn es objectiv so verstanden werden sollte, wirklich für | ||||||
| 33 | Abwürdigung des Christenthums gehalten werden müßte), so ist dieses | ||||||
| 34 | wohl nichts, als der Ausdruck der Würdigung ihrer selbst; nicht nach ihrem | ||||||
| 35 | Vermögen, nach dem, was sie als zu thun vorschreibt, sofern aus ihr allein | ||||||
| 36 | Allgemeinheit, Einheit und Nothwendigkeit der Glaubenslehren | ||||||
| 37 | hervorgeht, die das Wesentliche einer Religion überhaupt ausmachen, | ||||||
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