Kant: AA V, Kritik der Urtheilskraft ... , Seite 462 |
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| 01 | Macht u. s. w., sondern nicht vielmehr Allweisheit, Allmacht, mit einem | ||||||
| 02 | Worte sie als eine solche, die den für alle mögliche Dinge zureichenden | ||||||
| 03 | Grund solcher Eigenschaften enthalte, denken? und über das diesem einigen | ||||||
| 04 | alles vermögenden Urwesen nicht bloß für die Naturgesetze und =Producte | ||||||
| 05 | Verstand, sondern auch als einer moralischen Weltursache höchste sittliche | ||||||
| 06 | praktische Vernunft beilegen; da durch diese Vollendung des Begriffs ein | ||||||
| 07 | für Natureinsicht sowohl als moralische Weisheit zusammen hinreichendes | ||||||
| 08 | Princip angegeben wird, und kein nur einigermaßen gegründeter Einwurf | ||||||
| 09 | wider die Möglichkeit einer solchen Idee gemacht werden kann? Werden | ||||||
| 10 | hiebei nun zugleich die moralischen Triebfedern des Gemüths in Bewegung | ||||||
| 11 | gesetzt und ein lebhaftes Interesse der letzteren mit rednerischer Stärke | ||||||
| 12 | (deren sie auch wohl würdig sind) hinzugefügt: so entspringt daraus eine | ||||||
| 13 | Überredung von der objectiven Zulänglichkeit des Beweises und ein (in | ||||||
| 14 | den meisten Fällen seines Gebrauchs) auch heilsamer Schein, der aller | ||||||
| 15 | Prüfung der logischen Schärfe desselben sich ganz überhebt und sogar dawider, | ||||||
| 16 | als ob ihr ein frevelhafter Zweifel zum Grunde läge, Abscheu und | ||||||
| 17 | Widerwillen trägt. - Nun ist hierwider wohl nichts zu sagen, so fern | ||||||
| 18 | man auf populäre Brauchbarkeit eigentlich Rücksicht nimmt. Allein da | ||||||
| 19 | doch die Zerfällung desselben in die zwei ungleichartigen Stücke, die dieses | ||||||
| 20 | Argument enthält, nämlich in das, was zur physischen, und das, was zur | ||||||
| 21 | moralischen Teleologie gehört, nicht abgehalten werden kann und darf, indem | ||||||
| 22 | die Zusammenschmelzung beider es unkenntlich macht, wo der eigentliche | ||||||
| 23 | Nerve des Beweises liege, und an welchem Theile und wie er müßte | ||||||
| 24 | bearbeitet werden, um für die Gültigkeit desselben vor der schärfsten Prüfung | ||||||
| 25 | Stand halten zu können (selbst wenn man an einem Theile die | ||||||
| 26 | Schwäche unserer Vernunfteinsicht einzugestehen genöthigt sein sollte): so | ||||||
| 27 | ist es für den Philosophen Pflicht (gesetzt daß er auch die Anforderung der | ||||||
| 28 | Aufrichtigkeit an ihn für nichts rechnete), den obgleich noch so heilsamen | ||||||
| 29 | Schein, welchen eine solche Vermengung hervorbringen kann, aufzudecken | ||||||
| 30 | und, was bloß zur Überredung gehört, von dem, was auf Überzeugung | ||||||
| 31 | führt, (die beide nicht bloß dem Grade, sondern selbst der Art nach unterschiedene | ||||||
| 32 | Bestimmungen des Beifalls sind) abzusondern, um die Gemüthsfassung | ||||||
| 33 | in diesem Beweise in ihrer ganzen Lauterkeit offen darzustellen und | ||||||
| 34 | diesen der strengsten Prüfung freimüthig unterwerfen zu können. | ||||||
| 35 | Ein Beweis aber, der auf Überzeugung angelegt ist, kann wiederum | ||||||
| 36 | zwiefacher Art sein, entweder ein solcher, der, was der Gegenstand an | ||||||
| 37 | sich sei, oder was er für uns (Menschen überhaupt) nach den uns nothwendigen | ||||||
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