Kant: AA V, Kritik der Urtheilskraft ... , Seite 429 |
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01 | Allein in der obigen Auflösung der Antinomie der Principien der | ||||||
02 | mechanischen und der teleologischen Erzeugungsart der organischen Naturwesen | ||||||
03 | haben wir gesehen: daß, da sie in Ansehung der nach ihren besondern | ||||||
04 | Gesetzen (zu deren systematischem Zusammenhange uns aber der | ||||||
05 | Schlüssel fehlt) bildenden Natur bloß Principien der reflectirenden Urtheilskraft | ||||||
06 | sind, die nämlich ihren Ursprung nicht an sich bestimmen, sondern | ||||||
07 | nur sagen, daß wir nach der Beschaffenheit unseres Verstandes und | ||||||
08 | unsrer Vernunft ihn in dieser Art Wesen nicht anders als nach Endursachen | ||||||
09 | denken können, die größtmögliche Bestrebung, ja Kühnheit in Versuchen | ||||||
10 | sie mechanisch zu erklären nicht allein erlaubt ist, sondern wir auch | ||||||
11 | durch Vernunft dazu aufgerufen sind, ungeachtet wir wissen, daß wir damit | ||||||
12 | aus subjectiven Gründen der besondern Art und Beschränkung unseres | ||||||
13 | Verstandes (und nicht etwa, weil der Mechanism der Erzeugung einem | ||||||
14 | Ursprunge nach Zwecken an sich widerspräche) niemals auslangen können; | ||||||
15 | und daß endlich in dem übersinnlichen Princip der Natur (sowohl außer | ||||||
16 | uns als in uns) gar wohl die Vereinbarkeit beider Arten sich die Möglichkeit | ||||||
17 | der Natur vorzustellen liegen könne, indem die Vorstellungsart nach | ||||||
18 | Endursachen nur eine subjective Bedingung unseres Vernunftgebrauchs | ||||||
19 | sei, wenn sie die Beurtheilung der Gegenstände nicht bloß als Erscheinungen | ||||||
20 | angestellt wissen will, sondern diese Erscheinungen selbst sammt ihren | ||||||
21 | Principien auf das übersinnliche Substrat zu beziehen verlangt, um gewisse | ||||||
22 | Gesetze der Einheit derselben möglich zu finden, die sie sich nicht anders | ||||||
23 | als durch Zwecke (wovon die Vernunft auch solche hat, die übersinnlich | ||||||
24 | sind) vorstellig machen kann. | ||||||
25 | § 83. |
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26 | Von dem letzten Zwecke der Natur als eines |
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27 | teleologischen Systems. |
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28 | Wir haben im vorigen gezeigt, daß wir den Menschen nicht bloß wie | ||||||
29 | alle organisirte Wesen als Naturzweck, sondern auch hier auf Erden als | ||||||
30 | den letzten Zweck der Natur, in Beziehung auf welchen alle übrige Naturdinge | ||||||
31 | ein System von Zwecken ausmachen, nach Grundsätzen der Vernunft | ||||||
32 | zwar nicht für die bestimmende, doch für die reflectirende Urtheilskraft | ||||||
33 | zu beurtheilen hinreichende Ursache haben. Wenn nun dasjenige im | ||||||
34 | Menschen selbst angetroffen werden muß, was als Zweck durch seine Verknüpfung | ||||||
35 | mit der Natur befördert werden soll: so muß entweder der Zweck | ||||||
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