Kant: AA V, Kritik der Urtheilskraft ... , Seite 428 |
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01 | So zweckmäßig auch jetzt die Gestalt, das Bauwerk und der Abhang der | ||||||
02 | Länder für die Aufnahme der Gewässer aus der Luft, für die Quelladern | ||||||
03 | zwischen Erdschichten von mannigfaltiger Art (für mancherlei Producte) | ||||||
04 | und den Lauf der Ströme angeordnet zu sein scheinen mögen: so beweiset | ||||||
05 | doch eine nähere Untersuchung derselben, daß sie bloß als die Wirkung | ||||||
06 | theils feuriger, theils wässeriger Eruptionen, oder auch Empörungen des | ||||||
07 | Oceans zu Stande gekommen sind; sowohl was die erste Erzeugung dieser | ||||||
08 | Gestalt, als vornehmlich die nachmalige Umbildung derselben zugleich mit | ||||||
09 | dem Untergange ihrer ersten organischen Erzeugungen betrifft.*) Wenn | ||||||
10 | nun der Wohnplatz, der Mutterboden (des Landes) und der Mutterschoo | ||||||
11 | (des Meeres), für alle diese Geschöpfe auf keinen andern als einen gänzlich | ||||||
12 | unabsichtlichen Mechanism seiner Erzeugung Anzeige giebt: wie und | ||||||
13 | mit welchem Recht können wir für diese letztern Producte einen andern | ||||||
14 | Ursprung verlangen und behaupten? Wenn gleich der Mensch, wie die | ||||||
15 | genaueste Prüfung der Überreste jener Naturverwüstungen (nach Camper's | ||||||
16 | Urtheile) zu beweisen scheint, in diesen Revolutionen nicht mit begriffen | ||||||
17 | war: so ist er doch von den übrigen Erdgeschöpfen so abhängig, | ||||||
18 | daß, wenn ein über die anderen allgemeinwaltender Mechanism der Natur | ||||||
19 | eingeräumt wird, er als darunter mit Begriffen angesehen werden muß; | ||||||
20 | wenn ihn gleich sein Verstand (großentheils wenigstens) unter ihren Verwüstungen | ||||||
21 | hat retten können. | ||||||
22 | Dieses Argument scheint aber mehr zu beweisen, als die Absicht enthielt, | ||||||
23 | wozu es aufgestellt war: nämlich nicht bloß, daß der Mensch kein | ||||||
24 | letzter Zweck der Natur und aus dem nämlichen Grunde das Aggregat der | ||||||
25 | organisirten Naturdinge auf der Erde nicht ein System von Zwecken sein | ||||||
26 | könne; sondern daß gar die vorher für Naturzwecke gehaltenen Naturproducte | ||||||
27 | keinen andern Ursprung haben, als den Mechanism der Natur. | ||||||
*)Wenn der einmal angenommene Name Naturgeschichte für Naturbeschreibung bleiben soll, so kann man das, was die erstere buchstäblich anzeigt, nämlich eine Vorstellung des ehemaligen, alten Zustandes der Erde, worüber man, wenn man gleich keine Gewißheit hoffen darf, doch mit gutem Grunde Vermuthungen wagt, die Archäologie der Natur im Gegensatz mit der Kunst nennen. Zu jener würden die Petrefacten, so wie zu dieser die geschnittenen Steine u. s. w. gehören. Denn da man doch wirklich an einer solchen (unter dem Namen einer Theorie der Erde) beständig, wenn gleich wie billig langsam arbeitet, so wäre dieser Namen eben nicht einer bloß eingebildeten Naturforschung gegeben, sondern einer solchen, zu der die Natur selbst uns einladet und auffordert. | |||||||
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