Kant: AA V, Kritik der Urtheilskraft ... , Seite 398 |
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| 01 | Erzeugung nicht anders urtheilen, als wenn ich mir zu dieser eine Ursache, | ||||||
| 02 | die nach Absichten wirkt, mithin ein Wesen denke, welches nach der Analogie | ||||||
| 03 | mit der Causalität eines Verstandes productiv ist. Im ersteren | ||||||
| 04 | Falle will ich etwas über das Object ausmachen und bin verbunden, die | ||||||
| 05 | objective Realität eines angenommenen Begriffs darzuthun; im zweiten | ||||||
| 06 | bestimmt die Vernunft nur den Gebrauch meiner Erkenntnißvermögen | ||||||
| 07 | angemessen ihrer Eigenthümlichkeit und den wesentlichen Bedingungen | ||||||
| 08 | ihres Umfanges sowohl, als ihrer Schranken. Also ist das erste Princip | ||||||
| 09 | ein objectiver Grundsatz für die bestimmende, das zweite ein subjectiver | ||||||
| 10 | Grundsatz bloß für die reflectirende Urtheilskraft, mithin eine Maxime | ||||||
| 11 | derselben, die ihr die Vernunft auferlegt. | ||||||
| 12 | Wir haben nämlich unentbehrlich nöthig, der Natur den Begriff | ||||||
| 13 | einer Absicht unterzulegen, wenn wir ihr auch nur in ihren organisirten | ||||||
| 14 | Producten durch fortgesetzte Beobachtung nachforschen wollen; und dieser | ||||||
| 15 | Begriff ist also schon für den Erfahrungsgebrauch unserer Vernunft eine | ||||||
| 16 | schlechterdings nothwendige Maxime. Es ist offenbar: daß, da einmal | ||||||
| 17 | ein solcher Leitfaden die Natur zu studiren aufgenommen und bewährt | ||||||
| 18 | gefunden ist, wir die gedachte Maxime der Urtheilskraft auch am Ganzen | ||||||
| 19 | der Natur wenigstens versuchen müssen, weil sich nach derselben noch | ||||||
| 20 | manche Gesetze derselben dürften auffinden lassen, die uns nach der Beschränkung | ||||||
| 21 | unserer Einsichten in das innere des Mechanisms derselben | ||||||
| 22 | sonst verborgen bleiben würden. Aber in Ansehung des letztern Gebrauchs | ||||||
| 23 | ist jene Maxime der Urtheilskraft zwar nützlich, aber nicht unentbehrlich, | ||||||
| 24 | weil uns die Natur im Ganzen als organisirt (in der oben angeführten | ||||||
| 25 | engsten Bedeutung des Worts) nicht gegeben ist. Hingegen in Ansehung | ||||||
| 26 | der Producte derselben, welche nur als absichtlich so und nicht anders | ||||||
| 27 | geformt müssen beurtheilt werden, um auch nur eine Erfahrungserkenntniß | ||||||
| 28 | ihrer innern Beschaffenheit zu bekommen, ist jene Maxime der reflectirenden | ||||||
| 29 | Urtheilskraft wesentlich nothwendig: weil selbst der Gedanke von | ||||||
| 30 | ihnen als organisirten Dingen, ohne den Gedanken einer Erzeugung mit | ||||||
| 31 | Absicht damit zu verbinden, unmöglich ist. | ||||||
| 32 | Nun ist der Begriff eines Dinges, dessen Existenz oder Form wir | ||||||
| 33 | uns unter der Bedingung eines Zwecks als möglich vorstellen, mit dem | ||||||
| 34 | Begriffe einer Zufälligkeit desselben (nach Naturgesetzen) unzertrennlich | ||||||
| 35 | verbunden. Daher machen auch die Naturdinge, welche wir nur als | ||||||
| 36 | Zwecke möglich finden, den vornehmsten Beweis für die Zufälligkeit des | ||||||
| 37 | Weltganzen aus und sind der einzige für den gemeinen Verstand eben | ||||||
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