Kant: AA V, Kritik der Urtheilskraft ... , Seite 352 |
|||||||
Zeile:
|
Text (Kant):
|
|
|
||||
| 01 | Beide sind Hypotyposen, d. i. Darstellungen ( exhibitiones ): nicht | ||||||
| 02 | bloße Charakterismen, d. i. Bezeichnungen der Begriffe durch begleitende | ||||||
| 03 | sinnliche Zeichen, die gar nichts zu der Anschauung des Objects Gehöriges | ||||||
| 04 | enthalten, sondern nur jenen nach dem Gesetze der Association der | ||||||
| 05 | Einbildungskraft, mithin in subjectiver Absicht zum Mittel der Reproduction | ||||||
| 06 | dienen; dergleichen sind entweder Worte, oder sichtbare (algebraische, | ||||||
| 07 | selbst mimische) Zeichen, als bloße Ausdrücke für Begriffe*). | ||||||
| 08 | Alle Anschauungen, die man Begriffen a priori unterlegt, sind also | ||||||
| 09 | entweder Schemate oder Symbole, wovon die erstern directe, die zweiten | ||||||
| 10 | indirecte Darstellungen des Begriffs enthalten. Die erstern thun dieses | ||||||
| 11 | demonstrativ, die zweiten vermittelst einer Analogie (zu welcher man | ||||||
| 12 | sich auch empirischer Anschauungen bedient), in welcher die Urtheilskraft | ||||||
| 13 | ein doppeltes Geschäft verrichtet, erstlich den Begriff auf den Gegenstand | ||||||
| 14 | einer sinnlichen Anschauung und dann zweitens die bloße Regel der Reflexion | ||||||
| 15 | über jene Anschauung auf einen ganz andern Gegenstand, von | ||||||
| 16 | dem der erstere nur das Symbol ist, anzuwenden. So wird ein monarchischer | ||||||
| 17 | Staat durch einen beseelten Körper, wenn er nach inneren Volksgesetzen, | ||||||
| 18 | durch eine bloße Maschine aber (wie etwa eine Handmühle), | ||||||
| 19 | wenn er durch einen einzelnen absoluten Willen beherrscht wird, in beiden | ||||||
| 20 | Fällen aber nur symbolisch vorgestellt. Denn zwischen einem despotischen | ||||||
| 21 | Staate und einer Handmühle ist zwar keine Ähnlichkeit, wohl aber | ||||||
| 22 | zwischen den Regeln, über beide und ihre Causalität zu reflectiren. Dies | ||||||
| 23 | Geschäft ist bis jetzt noch wenig auseinander gesetzt worden, so sehr es | ||||||
| 24 | auch eine tiefere Untersuchung verdient; allein hier ist nicht der Ort, sich | ||||||
| 25 | dabei aufzuhalten. Unsere Sprache ist voll von dergleichen indirecten | ||||||
| 26 | Darstellungen nach einer Analogie, wodurch der Ausdruck nicht das eigentliche | ||||||
| 27 | Schema für den Begriff, sondern bloß ein Symbol für die Reflexion | ||||||
| 28 | enthält. So sind die Wörter Grund (Stütze, Basis), Abhängen (von | ||||||
| 29 | oben Gehalten werden), woraus Fließen (statt Folgen), Substanz (wie | ||||||
| 30 | Locke sich ausdrückt: der Träger der Accidenzen) und unzählige andere | ||||||
| 31 | nicht schematische, sondern symbolische Hypotyposen und Ausdrücke für | ||||||
| 32 | Begriffe nicht vermittelst einer directen Anschauung, sondern nur nach | ||||||
| 33 | einer Analogie mit derselben, d. i. der Übertragung der Reflexion über | ||||||
| *)Das Intuitive der Erkenntniß muß dem Discursiven (nicht dem Symbolischen) entgegen gesetzt werden. Das erstere ist nun entweder schematisch durch Demonstration; oder symbolisch als Vorstellung nach einer bloßen Analogie. | |||||||
| [ Seite 351 ] [ Seite 353 ] [ Inhaltsverzeichnis ] |
|||||||