Kant: AA V, Kritik der Urtheilskraft ... , Seite 296 |
|||||||
Zeile:
|
Text (Kant):
|
|
|
||||
01 | Begriffe. Nur da, wo Einbildungskraft in ihrer Freiheit den Verstand | ||||||
02 | erweckt, und dieser ohne Begriffe die Einbildungskraft in ein regelmäßiges | ||||||
03 | Spiel versetzt: da theilt sich die Vorstellung, nicht als Gedanke, sondern | ||||||
04 | als inneres Gefühl eines zweckmäßigen Zustandes des Gemüths, mit. | ||||||
05 | Der Geschmack ist also das Vermögen, die Mittheilbarkeit der Gefühle, | ||||||
06 | welche mit gegebener Vorstellung (ohne Vermittelung eines Begriffs) | ||||||
07 | verbunden sind, a priori zu beurtheilen. | ||||||
08 | Wenn man annehmen dürfte, daß die bloße allgemeine Mittheilbarkeit | ||||||
09 | seines Gefühls an sich schon ein Interesse für uns bei sich führen | ||||||
10 | müsse (welches man aber aus der Beschaffenheit einer bloß reflectirenden | ||||||
11 | Urtheilskraft zu schließen nicht berechtigt ist): so würde man sich erklären | ||||||
12 | können, woher das Gefühl im Geschmacksurtheile gleichsam als Pflicht | ||||||
13 | jedermann zugemuthet werde. | ||||||
14 | § 41. |
||||||
15 | Vom empirischen Interesse am Schönen. |
||||||
16 | Daß das Geschmacksurtheil, wodurch etwas für schön erklärt wird, | ||||||
17 | kein Interesse zum Bestimmungsgrunde haben müsse, ist oben hinreichend | ||||||
18 | dargethan worden. Aber daraus folgt nicht, daß, nachdem es als | ||||||
19 | reines ästhetisches Urtheil gegeben worden, kein Interesse damit verbunden | ||||||
20 | werden könne. Diese Verbindung wird aber immer nur indirect sein | ||||||
21 | können, d. i. der Geschmack muß allererst mit etwas anderem verbunden | ||||||
22 | vorgestellt werden, um mit dem Wohlgefallen der bloßen Reflexion über | ||||||
23 | einen Gegenstand noch eine Lust an der Existenz desselben (als worin | ||||||
24 | alles Interesse besteht) verknüpfen zu können. Denn es gilt hier im | ||||||
25 | ästhetischen Urtheile, was im Erkenntnißurtheile (von Dingen überhaupt) | ||||||
26 | gesagt wird: a posse ad esse non valet consequentia . Dieses Andere | ||||||
27 | kann nun etwas Empirisches sein, nämlich eine Neigung, die der menschlichen | ||||||
28 | Natur eigen ist; oder etwas Intellectuelles als Eigenschaft des | ||||||
29 | Willens, a priori durch Vernunft bestimmt werden zu können: welche | ||||||
30 | beide ein Wohlgefallen am Dasein eines Objects enthalten und so den | ||||||
31 | Grund zu einem Interesse an demjenigen legen können, was schon für | ||||||
32 | sich und ohne Rücksicht auf irgend ein Interesse gefallen hat. | ||||||
33 | Empirisch interessirt das Schöne nur in der Gesellschaft; und | ||||||
34 | wenn man den Trieb zur Gesellschaft als dem Menschen natürlich, die | ||||||
35 | Tauglichkeit aber und den Hang dazu, d. i. die Geselligkeit, zur Erforderni | ||||||
[ Seite 295 ] [ Seite 297 ] [ Inhaltsverzeichnis ] |