Kant: AA V, Kritik der Urtheilskraft ... , Seite 292 |
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01 | Art, weil sie durch den Sinn in das Gemüth kommt und wir dabei also | ||||||
02 | passiv sind, die Lust des Genusses nennen. | ||||||
03 | Das Wohlgefallen an einer Handlung um ihrer moralischen Beschaffenheit | ||||||
04 | willen ist dagegen keine Lust des Genusses, sondern der Selbstthätigkeit | ||||||
05 | und deren Gemäßheit mit der Idee seiner Bestimmung. Dieses | ||||||
06 | Gefühl, welches das sittliche heißt, erfordert aber Begriffe und stellt keine | ||||||
07 | freie, sondern gesetzliche Zweckmäßigkeit dar, läßt sich also auch nicht anders | ||||||
08 | als vermittelst der Vernunft und, soll die Lust bei jedermann gleichartig | ||||||
09 | sein, durch sehr bestimmte praktische Vernunftbegriffe allgemein mittheilen. | ||||||
10 | Die Lust am Erhabenen der Natur, als Lust der vernünftelnden | ||||||
11 | Contemplation, macht zwar auch auf allgemeine Theilnehmung Anspruch, | ||||||
12 | setzt aber doch schon ein anderes Gefühl, nämlich das seiner übersinnlichen | ||||||
13 | Bestimmung, voraus: welches, so dunkel es auch sein mag, eine moralische | ||||||
14 | Grundlage hat. Daß aber andere Menschen darauf Rücksicht nehmen und | ||||||
15 | in der Betrachtung der rauhen Größe der Natur ein Wohlgefallen finden | ||||||
16 | werden (welches wahrhaftig dem Anblicke derselben, der eher abschreckend | ||||||
17 | ist, nicht zugeschrieben werden kann), bin ich nicht schlechthin vorauszusetzen | ||||||
18 | berechtigt. Dem ungeachtet kann ich doch in Betracht dessen, daß | ||||||
19 | auf jene moralischen Anlagen bei jeder schicklichen Veranlassung Rücksicht | ||||||
20 | genommen werden sollte, auch jenes Wohlgefallen jedermann ansinnen, | ||||||
21 | aber nur vermittelst des moralischen Gesetzes, welches seinerseits wiederum | ||||||
22 | auf Begriffen der Vernunft gegründet ist. | ||||||
23 | Dagegen ist die Lust am Schönen weder eine Lust des Genusses, noch | ||||||
24 | einer gesetzlichen Thätigkeit, auch nicht der vernünftelnden Contemplation | ||||||
25 | nach Ideen, sondern der bloßen Reflexion. Ohne irgend einen Zweck oder | ||||||
26 | Grundsatz zur Richtschnur zu haben, begleitet diese Lust die gemeine Auffassung | ||||||
27 | eines Gegenstandes durch die Einbildungskraft, als Vermögen der | ||||||
28 | Anschauung, in Beziehung auf den Verstand, als Vermögen der Begriffe, | ||||||
29 | vermittelst eines Verfahrens der Urtheilskraft, welches sie auch zum Behuf | ||||||
30 | der gemeinsten Erfahrung ausüben muß: nur daß sie es hier, um einen | ||||||
31 | empirischen objectiven Begriff, dort aber (in der ästhetischen Beurtheilung) | ||||||
32 | bloß, um die Angemessenheit der Vorstellung zur harmonischen (subjectiv | ||||||
33 | zweckmäßigen) Beschäftigung beider Erkenntnißvermögen in ihrer Freiheit | ||||||
34 | wahrzunehmen, d. i. den Vorstellungszustand mit Lust zu empfinden, zu | ||||||
35 | thun genöthigt ist. Diese Lust muß nothwendig bei jedermann auf den | ||||||
36 | nämlichen Bedingungen beruhen, weil sie subjective Bedingungen der | ||||||
37 | Möglichkeit einer Erkenntniß überhaupt sind, und die Proportion dieser | ||||||
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