Kant: AA V, Kritik der Urtheilskraft ... , Seite 278

     
           
 

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Text (Kant):

 

 

 

 
  01 Gefühl des körperlichen Organs bloß Bewußtsein seiner Existenz, aber      
  02 kein Gefühl des Wohl= oder Übelbefindens, d. i. der Beförderung oder      
  03 Hemmung der Lebenskräfte, sei; weil das Gemüth für sich allein ganz Leben      
  04 (das Lebensprincip selbst) ist, und Hindernisse oder Beförderungen      
  05 außer demselben und doch im Menschen selbst, mithin in der Verbindung      
  06 mit seinem Körper gesucht werden müssen.      
           
  07 Setzt man aber das Wohlgefallen am Gegenstande ganz und gar      
  08 darin, daß dieser durch Reiz oder durch Rührung vergnügt: so muß man      
  09 auch keinem andern zumuthen, zu dem ästhetischen Urtheile, was wir      
  10 fällen, beizustimmen; denn darüber befragt ein jeder mit Recht nur seinen      
  11 Privatsinn. Alsdann aber hört auch alle Censur des Geschmacks gänzlich      
  12 auf; man müßte denn das Beispiel, welches andere durch die zufällige      
  13 Übereinstimmung ihrer Urtheile geben, zum Gebot des Beifalls für uns      
  14 machen, wider welches Princip wir uns doch vermuthlich sträuben und auf      
  15 das natürliche Recht berufen würden, das Urtheil, welches auf dem unmittelbaren      
  16 Gefühle des eigenen Wohlbefindens beruht, seinem eigenen      
  17 Sinne und nicht anderer ihrem zu unterwerfen.      
           
  18 Wenn also das Geschmacksurtheil nicht für egoistisch, sondern seiner      
  19 innern Natur nach, d. i. um sein selbst, nicht um der Beispiele Willen, die      
  20 andere von ihrem Geschmack geben, nothwendig als pluralistisch gelten      
  21 muß, wenn man es als ein solches würdigt, welches zugleich verlangen      
  22 darf, daß jedermann ihm beipflichten soll: so muß ihm irgend ein (es sei      
  23 objectives oder subjectives) Princip a priori zum Grunde liegen, zu welchem      
  24 man durch Aufspähung empirischer Gesetze der Gemüthsveränderungen      
  25 niemals gelangen kann: weil diese nur zu erkennen geben, wie geurtheilt      
  26 wird, nicht aber gebieten, wie geurtheilt werden soll, und zwar gar so, daß      
  27 das Gebot unbedingt ist; dergleichen die Geschmacksurtheile voraussetzen,      
  28 indem sie das Wohlgefallen mit einer Vorstellung unmittelbar      
  29 verknüpft wissen wollen. Also mag die empirische Exposition der ästhetischen      
  30 Urtheile immer den Anfang machen, um den Stoff zu einer höhern      
  31 Untersuchung herbeizuschaffen; eine transscendentale Erörterung dieses      
  32 Vermögens ist doch möglich und zur Kritik des Geschmacks wesentlich gehörig.      
  33 Denn ohne daß derselbe Principien a priori habe, könnte er unmöglich      
  34 die Urtheile anderer richten und über sie auch nur mit einigem      
  35 Scheine des Rechts Billigungs= oder Verwerfungsaussprüche fällen.      
  36 Das übrige zur Analytik der ästhetischen Urtheilskraft Gehörige enthält      
           
  37 zuvörderst die      
           
           
     

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