Kant: AA V, Kritik der Urtheilskraft ... , Seite 245 |
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01 | spielenden Einbildungskraft vereinbar ist; jenes aber (das Gefühl des | ||||||
02 | Erhabenen) eine Lust ist, welche nur indirecte entspringt, nämlich so daß | ||||||
03 | sie durch das Gefühl einer augenblicklichen Hemmung der Lebenskräfte | ||||||
04 | und darauf sogleich folgenden desto stärkern Ergießung derselben erzeugt | ||||||
05 | wird, mithin als Rührung kein Spiel, sondern ernst in der Beschäftigung | ||||||
06 | der Einbildungskraft zu sein scheint. Daher es auch mit Reizen unvereinbar | ||||||
07 | ist, und, indem das Gemüth von dem Gegenstande nicht bloß angezogen, | ||||||
08 | sondern wechselsweise auch immer wieder abgestoßen wird, das | ||||||
09 | Wohlgefallen am Erhabenen nicht sowohl positive Lust als vielmehr Bewunderung | ||||||
10 | oder Achtung enthält, d. i. negative Lust genannt zu werden | ||||||
11 | verdient. | ||||||
12 | Der wichtigste und innere Unterschied aber des Erhabenen vom | ||||||
13 | Schönen ist wohl dieser: daß, wenn wir wie billig hier zuvörderst nur | ||||||
14 | das Erhabene an Naturobjecten in Betrachtung ziehen (das der Kunst | ||||||
15 | wird nämlich immer auf die Bedingungen der Übereinstimmung mit der | ||||||
16 | Natur eingeschränkt), die Naturschönheit (die selbstständige) eine Zweckmäßigkeit | ||||||
17 | in ihrer Form, wodurch der Gegenstand für unsere Urtheilskraft | ||||||
18 | gleichsam vorherbestimmt zu sein scheint, bei sich führt und so an sich | ||||||
19 | einen Gegenstand des Wohlgefallens ausmacht; hingegen das, was in uns, | ||||||
20 | ohne zu vernünfteln, bloß in der Auffassung das Gefühl des Erhabenen | ||||||
21 | erregt, der Form nach zwar zweckwidrig für unsere Urtheilskraft, unangemessen | ||||||
22 | unserm Darstellungsvermögen und gleichsam gewaltthätig für | ||||||
23 | die Einbildungskraft erscheinen mag, aber dennoch nur um desto erhabener | ||||||
24 | zu sein geurtheilt wird. | ||||||
25 | Man sieht aber hieraus sofort, daß wir uns überhaupt unrichtig ausdrücken, | ||||||
26 | wenn wir irgend einen Gegenstand der Natur erhaben nennen, | ||||||
27 | ob wir zwar ganz richtig sehr viele derselben schön nennen können; denn | ||||||
28 | wie kann das mit einem Ausdrucke des Beifalls bezeichnet werden, was | ||||||
29 | an sich als zweckwidrig aufgefaßt wird? Wir können nicht mehr sagen, als | ||||||
30 | daß der Gegenstand zur Darstellung einer Erhabenheit tauglich sei, die | ||||||
31 | im Gemüthe angetroffen werden kann; denn das eigentliche Erhabene | ||||||
32 | kann in keiner sinnlichen Form enthalten sein, sondern trifft nur Ideen | ||||||
33 | der Vernunft: welche, obgleich keine ihnen angemessene Darstellung möglich | ||||||
34 | ist, eben durch diese Unangemessenheit, welche sich sinnlich darstellen | ||||||
35 | läßt, rege gemacht und ins Gemüth gerufen werden. So kann der weite, | ||||||
36 | durch Stürme empörte Ocean nicht erhaben genannt werden. Sein Anblick | ||||||
37 | ist gräßlich; und man muß das Gemüth schon mit mancherlei Ideen | ||||||
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