Kant: AA V, Kritik der Urtheilskraft ... , Seite 244 |
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01 | Schönheiten sind, aber doch für die Einbildungskraft einen Reiz bei sich | ||||||
02 | führen, weil sie ihr freies Spiel unterhalten. | ||||||
03 | Zweites Buch. |
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04 | Analytik des Erhabenen. |
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05 | § 23. |
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06 | Übergang von dem Beurtheilungsvermögen des Schönen |
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07 | zu dem des Erhabenen. |
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08 | Das Schöne kommt darin mit dem Erhabenen überein, daß beides | ||||||
09 | für sich selbst gefällt. Ferner darin, daß beides kein Sinnes= noch ein | ||||||
10 | logisch=bestimmendes, sondern ein Reflexionsurtheil voraussetzt: folglich | ||||||
11 | das Wohlgefallen nicht an einer Empfindung wie die des Angenehmen, | ||||||
12 | noch an einem bestimmten Begriffe wie das Wohlgefallen am Guten hängt, | ||||||
13 | gleichwohl aber doch auf Begriffe, obzwar unbestimmt welche, bezogen | ||||||
14 | wird; mithin das Wohlgefallen an der bloßen Darstellung oder dem Vermögen | ||||||
15 | derselben geknüpft ist, wodurch das Vermögen der Darstellung | ||||||
16 | oder die Einbildungskraft bei einer gegebenen Anschauung mit dem Vermögen | ||||||
17 | der Begriffe des Verstandes oder der Vernunft, als Beförderung | ||||||
18 | der letztern, in Einstimmung betrachtet wird. Daher sind auch beiderlei | ||||||
19 | Urtheile einzelne und doch für sich allgemeingültig in Ansehung jedes | ||||||
20 | Subjects ankündigende Urtheile, ob sie zwar bloß auf das Gefühl der Lust | ||||||
21 | und auf kein Erkenntniß des Gegenstandes Anspruch machen. | ||||||
22 | Allein es sind auch namhafte Unterschiede zwischen beiden in die | ||||||
23 | Augen fallend. Das Schöne der Natur betrifft die Form des Gegenstandes, | ||||||
24 | die in der Begränzung besteht; das Erhabene ist dagegen auch | ||||||
25 | an einem formlosen Gegenstande zu finden, sofern Unbegränztheit an | ||||||
26 | ihm oder durch dessen Veranlassung vorgestellt und doch Totalität derselben | ||||||
27 | hinzugedacht wird: so daß das Schöne für die Darstellung eines unbestimmten | ||||||
28 | Verstandesbegriffs, das Erhabene aber eines dergleichen Vernunftbegriffs | ||||||
29 | genommen zu werden scheint. Also ist das Wohlgefallen | ||||||
30 | dort mit der Vorstellung der Qualität, hier aber der Quantität verbunden. | ||||||
31 | Auch ist das letztere der Art nach von dem ersteren Wohlgefallen | ||||||
32 | gar sehr unterschieden: indem dieses (das Schöne) directe ein Gefühl der | ||||||
33 | Beförderung des Lebens bei sich führt und daher mit Reizen und einer | ||||||
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