Kant: AA V, Kritik der Urtheilskraft ... , Seite 196 |
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01 | Endzweck, der (oder dessen Erscheinung in der Sinnenwelt) existiren soll, | ||||||
02 | wozu die Bedingung der Möglichkeit desselben in der Natur (des Subjects | ||||||
03 | als Sinnenwesens, nämlich als Mensch) vorausgesetzt wird. Das, was | ||||||
04 | diese a priori und ohne Rücksicht auf das Praktische voraussetzt, die Urtheilskraft, | ||||||
05 | giebt den vermittelnden Begriff zwischen den Naturbegriffen | ||||||
06 | und dem Freiheitsbegriffe, der den Übergang von der reinen theoretischen | ||||||
07 | zur reinen praktischen, von der Gesetzmäßigkeit nach der ersten zum Endzwecke | ||||||
08 | nach dem letzten möglich macht, in dem Begriffe einer Zweckmäßigkeit | ||||||
09 | der Natur an die Hand; denn dadurch wird die Möglichkeit | ||||||
10 | des Endzwecks, der allein in der Natur und mit Einstimmung ihrer Gesetze | ||||||
11 | wirklich werden kann, erkannt. | ||||||
12 | Der Verstand giebt durch die Möglichkeit seiner Gesetze a priori für | ||||||
13 | die Natur einen Beweis davon, daß diese von uns nur als Erscheinung | ||||||
14 | erkannt werde, mithin zugleich Anzeige auf ein übersinnliches Substrat | ||||||
15 | derselben, aber läßt dieses gänzlich unbestimmt. Die Urtheilskraft verschafft | ||||||
16 | durch ihr Princip a priori der Beurtheilung der Natur nach möglichen | ||||||
17 | besonderen Gesetzen derselben ihrem übersinnlichen Substrat (in | ||||||
18 | uns sowohl als außer uns) Bestimmbarkeit durch das intellectuelle | ||||||
19 | Vermögen. Die Vernunft aber giebt eben demselben durch ihr | ||||||
20 | praktisches Gesetz a priori die Bestimmung; und so macht die Urtheilskraft | ||||||
21 | den Übergang vom Gebiete des Naturbegriffs zu dem des Freiheitsbegriffs | ||||||
22 | möglich. | ||||||
23 | In Ansehung der Seelenvermögen überhaupt, sofern sie als obere, | ||||||
24 | d. i. als solche, die eine Autonomie enthalten, betrachtet werden, ist für | ||||||
25 | das Erkenntnißvermögen (das theoretische der Natur) der Verstand | ||||||
26 | dasjenige, welches die constitutiven Principien a priori enthält; für | ||||||
27 | das Gefühl der Lust und Unlust ist es die Urtheilskraft unabhängig | ||||||
28 | von Begriffen und Empfindungen, die sich auf Bestimmung des Begehrungsvermögens | ||||||
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