Kant: AA V, Kritik der praktischen ... , Seite 157 |
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01 | seiner Pflicht war, alsdann eben diese Achtung fürs Gesetz, nicht etwa | ||||||
02 | ein Anspruch auf die innere Meinung von Großmuth und edler, verdienstlicher | ||||||
03 | Denkungsart, gerade auf das Gemüth des Zuschauers die größte | ||||||
04 | Kraft habe, folglich Pflicht, nicht Verdienst den nicht allein bestimmtesten, | ||||||
05 | sondern, wenn sie im rechten Lichte ihrer Unverletzlichkeit vorgestellt wird, | ||||||
06 | auch den eindringendsten Einfluß aufs Gemüth haben müsse. | ||||||
07 | In unsern Zeiten, wo man mehr mit schmelzenden, weichherzigen | ||||||
08 | Gefühlen, oder hochfliegenden, aufblähenden und das Herz eher welk als | ||||||
09 | stark machenden Anmaßungen über das Gemüth mehr auszurichten hofft, | ||||||
10 | als durch die der menschlichen Unvollkommenheit und dem Fortschritte im | ||||||
11 | Guten angemeßnere trockne und ernsthafte Vorstellung der Pflicht, ist die | ||||||
12 | Hinweisung auf diese Methode nöthiger als jemals. Kindern Handlungen | ||||||
13 | als edele, großmüthige, verdienstliche zum Muster aufzustellen, in der | ||||||
14 | Meinung, sie durch Einflößung eines Enthusiasmus für dieselbe einzunehmen, | ||||||
15 | ist vollends zweckwidrig. Denn da sie noch in der Beobachtung | ||||||
16 | der gemeinsten Pflicht und selbst in der richtigen Beurtheilung derselben | ||||||
17 | so weit zurück sind, so heißt das so viel, als sie bei Zeiten zu Phantasten | ||||||
18 | zu machen. Aber auch bei dem belehrtern und erfahrnern Theil der Menschen | ||||||
19 | ist diese vermeinte Triebfeder, wo nicht von nachtheiliger, wenigstens | ||||||
20 | von keiner ächten moralischen Wirkung aufs Herz, die man dadurch doch | ||||||
21 | hat zuwegebringen wollen. | ||||||
22 | Alle Gefühle, vornehmlich die, so ungewohnte Anstrengung bewirken | ||||||
23 | sollen, müssen in dem Augenblicke, da sie in ihrer Heftigkeit sind, | ||||||
24 | und ehe sie verbrausen, ihre Wirkung thun, sonst thun sie nichts: indem | ||||||
25 | das Herz natürlicherweise zu seiner natürlichen, gemäßigten Lebensbewegung | ||||||
26 | zurückkehrt und sonach in die Mattigkeit verfällt, die ihm vorher | ||||||
27 | eigen war, weil zwar etwas, was es reizte, nichts aber, das es stärkte, an | ||||||
28 | dasselbe gebracht war. Grundsätze müssen auf Begriffe errichtet werden, | ||||||
29 | auf alle andere Grundlage können nur Anwandelungen zu Stande kommen, | ||||||
30 | die der Person keinen moralischen Werth, ja nicht einmal eine Zuversicht | ||||||
31 | auf sich selbst verschaffen können, ohne die das Bewußtsein seiner moralischen | ||||||
32 | Gesinnung und eines solchen Charakters, das höchste Gut im Menschen, | ||||||
33 | gar nicht stattfinden kann. Diese Begriffe nun, wenn sie subjectiv | ||||||
34 | praktisch werden sollen, müssen nicht bei den objectiven Gesetzen der Sittlichkeit | ||||||
35 | stehen bleiben, um sie zu bewundern und in Beziehung auf die | ||||||
36 | Menschheit hochzuschätzen, sondern ihre Vorstellung in Relation auf den | ||||||
37 | Menschen und auf sein Individuum betrachten; da denn jenes Gesetz in | ||||||
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