Kant: AA V, Kritik der praktischen ... , Seite 141

     
           
 

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Text (Kant):

 

 

 

 
  01 von Bestätigungen aus der Naturbetrachtung, die nun allererst hervortraten,      
  02 wohl nicht das Ansehen desselben (welches schon gegründet war),      
  03 sondern vielmehr nur das Gepränge mit vermeinter theoretischer Vernunfteinsicht      
  04 zu befördern.      
           
  05 Aus diesen Erinnerungen wird der Leser der Kritik der reinen speculativen      
  06 Vernunft sich vollkommen überzeugen: wie höchstnöthig, wie ersprießlich      
  07 für Theologie und Moral jene mühsame Deduction der Kategorien      
  08 war. Denn dadurch allein kann verhütet werden, sie, wenn man      
  09 sie im reinen Verstande setzt, mit Plato für angeboren zu halten und      
  10 darauf überschwengliche Anmaßungen mit Theorien des Übersinnlichen,      
  11 wovon man kein Ende absieht, zu gründen, dadurch aber die Theologie      
  12 zur Zauberlaterne von Hirngespenstern zu machen; wenn man sie aber für      
  13 erworben hält, zu verhüten, daß man nicht mit Epikur allen und jeden      
  14 Gebrauch derselben, selbst den in praktischer Absicht, blos auf Gegenstände      
  15 und Bestimmungsgründe der Sinne einschränke. Nun aber, nachdem die      
  16 Kritik in jener Deduction erstlich bewies, daß sie nicht empirischen Ursprungs      
  17 sind, sondern a priori im reinen Verstande ihren Sitz und Quelle      
  18 haben; zweitens auch, daß, da sie auf Gegenstände überhaupt, unabhängig      
  19 von ihrer Anschauung, bezogen werden, sie zwar nur in Anwendung      
  20 auf empirische Gegenstände theoretisches Erkenntniß zu      
  21 Stande bringen, aber doch auch, auf einen durch reine praktische Vernunft      
  22 gegebenen Gegenstand angewandt, zum bestimmten Denken des Übersinnlichen      
  23 dienen, jedoch nur so fern dieses blos durch solche Prädicate      
  24 bestimmt wird, die nothwendig zur reinen a priori gegebenen praktischen      
  25 Absicht und deren Möglichkeit gehören. Speculative Einschränkung der      
  26 reinen Vernunft und praktische Erweiterung derselben bringen dieselbe      
  27 allererst in dasjenige Verhältniß der Gleichheit, worin Vernunft      
  28 überhaupt zweckmäßig gebraucht werden kann, und dieses Beispiel beweiset      
  29 besser als sonst eines, daß der Weg zur Weisheit, wenn er gesichert      
  30 und nicht ungangbar oder irreleitend werden soll, bei uns Menschen      
  31 unvermeidlich durch die Wissenschaft durchgehen müsse, wovon man aber,      
  32 daß diese zu jenem Ziele führe, nur nach Vollendung derselben überzeugt      
  33 werden kann.      
           
           
     

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