Kant: AA V, Kritik der praktischen ... , Seite 080

     
           
 

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Text (Kant):

 

 

 

 
  01 Vernunft uns zur Befolgung vorstellt, deren Stimme auch den kühnsten      
  02 Frevler zittern macht und ihn nöthigt, sich vor seinem Anblicke zu verbergen:      
  03 daß man sich nicht wundern darf, diesen Einfluß einer blos intellectuellen      
  04 Idee aufs Gefühl für speculative Vernunft unergründlich zu      
  05 finden und sich damit begnügen zu müssen, daß man a priori doch noch so      
  06 viel einsehen kann: ein solches Gefühl sei unzertrennlich mit der Vorstellung      
  07 des moralischen Gesetzes in jedem endlichen vernünftigen Wesen verbunden.      
  08 Wäre dieses Gefühl der Achtung pathologisch und also ein auf      
  09 dem inneren Sinne gegründetes Gefühl der Lust, so würde es vergeblich      
  10 sein, eine Verbindung derselben mit irgend einer Idee a priori zu entdecken.      
  11 Nun aber ist es ein Gefühl, was blos aufs Praktische geht und      
  12 zwar der Vorstellung eines Gesetzes lediglich seiner Form nach, nicht      
  13 irgend eines Objects desselben wegen anhängt, mithin weder zum Vergnügen,      
  14 noch zum Schmerze gerechnet werden kann und dennoch ein Interesse      
  15 an der Befolgung desselben hervorbringt, welches wir das moralische      
  16 nennen; wie denn auch die Fähigkeit, ein solches Interesse am      
  17 Gesetze zu nehmen, (oder die Achtung fürs moralische Gesetz selbst) eigentlich      
  18 das moralische Gefühl ist.      
           
  19 Das Bewußtsein einer freien Unterwerfung des Willens unter das      
  20 Gesetz doch als mit einem unvermeidlichen Zwange, der allen Neigungen,      
  21 aber nur durch eigene Vernunft angethan wird, verbunden, ist nun die      
  22 Achtung fürs Gesetz. Das Gesetz, was diese Achtung fordert und auch einflößt,      
  23 ist, wie man sieht, kein anderes als das moralische (denn kein anderes      
  24 schließt alle Neigungen von der Unmittelbarkeit ihres Einflusses auf      
  25 den Willen aus). Die Handlung, die nach diesem Gesetze mit Ausschließung      
  26 aller Bestimmungsgründe aus Neigung objectiv praktisch ist, heißt      
  27 Pflicht, welche um dieser Ausschließung willen in ihrem Begriffe praktische      
  28 Nöthigung, d. i. Bestimmung zu Handlungen, so ungerne, wie      
  29 sie auch geschehen mögen, enthält. Das Gefühl, das aus dem Bewußtsein      
  30 dieser Nöthigung entspringt, ist nicht pathologisch, als ein solches, was      
  31 von einem Gegenstande der Sinne gewirkt würde, sondern allein praktisch,      
  32 d. i. durch eine vorhergehende (objective) Willensbestimmung und Causalität      
  33 der Vernunft, möglich. Es enthält also, als Unterwerfung unter      
  34 ein Gesetz, d. i. als Gebot (welches für das sinnlich afficirte Subject Zwang      
  35 ankündigt), keine Lust, sondern so fern vielmehr Unlust an der Handlung      
  36 in sich. Dagegen aber, da dieser Zwang blos durch Gesetzgebung der      
  37 eigenen Vernunft ausgeübt wird, enthält es auch Erhebung, und die      
           
     

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