Kant: AA V, Kritik der praktischen ... , Seite 026 |
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01 | auszufinden) enthalten, alsdann sind es aber blos theoretische Principien*) (z. B. | ||||||
02 | wie derjenige , der gerne Brot essen möchte, sich eine Mühle auszudenken habe). | ||||||
03 | Aber praktische Vorschriften, die sich auf sie gründen, können niemals allgemein | ||||||
04 | sein, denn der Bestimmungsgrund des Begehrungsvermögens ist auf das Gefühl | ||||||
05 | der Lust und Unlust, das niemals als allgemein auf dieselben Gegenstände gerichtet | ||||||
06 | angenommen werden kann, gegründet. | ||||||
07 | Aber gesetzt, endliche vernünftige Wesen dächten auch in Ansehung dessen, was | ||||||
08 | sie für Objecte ihrer Gefühle des Vergnügens oder Schmerzens anzunehmen hätten, | ||||||
09 | imgleichen sogar in Ansehung der Mittel, deren sie sich bedienen müssen, um die | ||||||
10 | erstern zu erreichen, die andern abzuhalten, durchgehends einerlei, so würde das | ||||||
11 | Princip der Selbstliebe dennoch von ihnen durchaus für kein praktisches | ||||||
12 | Gesetz ausgegeben werden können; denn diese Einhelligkeit wäre selbst doch nur | ||||||
13 | zufällig. Der Bestimmungsgrund wäre immer doch nur subjectiv gültig und blos | ||||||
14 | empirisch und hätte diejenige Nothwendigkeit nicht, die in einem jeden Gesetze gedacht | ||||||
15 | wird, nämlich die objective aus Gründen a priori; man müßte denn diese | ||||||
16 | Nothwendigkeit gar nicht für praktisch, sondern für blos physisch ausgeben, nämlich | ||||||
17 | daß die Handlung durch unsere Neigung uns eben so unausbleiblich abgenöthigt | ||||||
18 | würde, als das Gähnen, wenn wir andere gähnen sehen. Man würde eher behaupten | ||||||
19 | können, daß es gar keine praktische Gesetze gebe, sondern nur Anrathungen | ||||||
20 | zum Behuf unserer Begierden, als daß blos subjective Principien zum Range praktischer | ||||||
21 | Gesetze erhoben würden, die durchaus objective und nicht blos subjective | ||||||
22 | Nothwendigkeit haben und durch Vernunft a priori, nicht durch Erfahrung (so | ||||||
23 | empirisch allgemein diese auch sein mag) erkannt sein müssen. Selbst die Regeln | ||||||
24 | einstimmiger Erscheinungen werden nur Naturgesetze (z. B. die mechanischen) genannt, | ||||||
25 | wenn man sie entweder wirklich a priori erkennt, oder doch (wie bei den | ||||||
26 | chemischen) annimmt, sie würden a priori aus objectiven Gründen erkannt werden, | ||||||
27 | wenn unsere Einsicht tiefer ginge. Allein bei blos subjectiven praktischen Principien | ||||||
28 | wird das ausdrücklich zur Bedingung gemacht, daß ihnen nicht objective, | ||||||
29 | sondern subjective Bedingungen der Willkür zum Grunde liegen müssen; mithin, | ||||||
30 | daß sie jederzeit nur als bloße Maximen, niemals aber als praktische Gesetze vorstellig | ||||||
31 | gemacht werden dürfen. Diese letztere Anmerkung scheint beim ersten Anblicke | ||||||
32 | bloße Wortklauberei zu sein; allein sie ist die Wortbestimmung des allerwichtigsten | ||||||
33 | Unterschiedes, der nur in praktischen Untersuchungen in Betrachtung kommen mag. | ||||||
*)Sätze, welche in der Mathematik oder Naturlehre praktisch genannt werden, sollten eigentlich technisch heißen. Denn um die Willensbestimmung ist es diesen Lehren gar nicht zu thun; sie zeigen nur das Mannigfaltige der möglichen Handlung an, welches eine gewisse Wirkung hervorzubringen hinreichend ist, und sind also eben so theoretisch als alle Sätze, welche die Verknüpfung der Ursache mit einer Wirkung aussagen. Wem nun die letztere beliebt, der muß sich auch gefallen lassen, die erstere zu sein. | |||||||
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