| Kant: AA XXIII, Vorarbeiten zum Streit der ... , Seite 454 | |||||||
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| 01 | Reichlicher Anlas den die Bibel zur Entwickelung aller moralischen | ||||||
| 02 | Anlagen theils im Erkennen theils im Handeln giebt durch Geschichte und | ||||||
| 03 | Zergliederung ihrer Lehre. | ||||||
| 04 | LBl G 4 R III 13-15 | ||||||
| 05 | Erste Seite | ||||||
| 06 | Ob man sagen könne daß etwas wahrscheinlich ein Wunder sey. | ||||||
| 07 | Nein denn die Regeln der Wahrscheinlichkeit führen am weitesten vom | ||||||
| 08 | Wunderglauben ab (fides gratuita ist die freie Annahme von etwas übernatürlichem | ||||||
| 09 | ohne hinreichende Beweisgründe sondern der Einschmeichelung | ||||||
| 10 | halber). | ||||||
| 11 | Redemtor ist der so die Strafe abkauft die er hätte erleiden sollen. | ||||||
| 12 | talio, vel pöna redimi potest. Ein anderer kan sie nicht abkaufen denn | ||||||
| 13 | er muß erst das Verbrechen auf sich nehmen (welches unmöglich ist) | ||||||
| 14 | und dann das Strafgeld erlegen damit er selber dadurch leide. | ||||||
| 15 | Es ist merkwürdig daß wenn wir uns irgend einer Rechtsverletzung | ||||||
| 16 | erinnern die es sey wieder das Recht der Menschheit in unserer eigenen | ||||||
| 17 | Person. | ||||||
| 18 | Der Schlus ist: Die Bibel enthält in sich selbst einen in practischer | ||||||
| 19 | Absicht hinreichenden Beglaubigungsgrund ihre Göttlichkeit durch den | ||||||
| 20 | Einflus den sie als Text einer systematischen Glaubenslehre von jeher | ||||||
| 21 | so wohl im catechetischen so wohl als homiletischen Vortrage auf das | ||||||
| 22 | Herz der Menschen ausgeübt hat um sie als Organ nicht allein der wahren | ||||||
| 23 | u. innern Vernunftreligion sondern auch als Organ einer statutarischen | ||||||
| 24 | fürs Volk auf unabsehliche Zeiten zum Leitfaden für den Kirchenglauben | ||||||
| 25 | zu erhalten: - Es mag ihr nun in theoretischer um den Ursprung derselben | ||||||
| 26 | nachzusuchen für die critische Behandlung ihrer Geschichte an | ||||||
| 27 | Beweisthümern viel oder wenig abgehen. Denn die Göttlichkeit ihres | ||||||
| 28 | moralischen Inhalts entschädigt die Vernunft hinreichend wegen der | ||||||
| 29 | Menschlichkeit der Geschichtserzählung und zieht diese vielmehr durch | ||||||
| 30 | Accomodation u. Auslegung selbst den geringsten Grad der Wahrscheinlichkeit | ||||||
| 31 | siegreich in ihr Interesse. | ||||||
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