| Kant: AA XXIII, Vorarbeiten zum Streit der ... , Seite 449 | |||||||
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| 01 | im Laufe der Welt auch ohne unser Zuthun eräugnet und was nicht blos als | ||||||
| 02 | Zufall anzusehen ist nichts andres als die Vorsehung nennen welche sich auch | ||||||
| 03 | aufs Thun und Lassen des Menschlichen Geschlechts im Großen erstreckt. | ||||||
| 04 | Das Eräugnis einer großen zum besten des menschlichen Geschlechts | ||||||
| 05 | aus von uns nicht (hinreichend) zu ergründenden Ursachen sich zutragenden | ||||||
| 06 | den Revolution der Vorsehung überhaupt zuzuschreiben ist | ||||||
| 07 | Eine zum Heil der Menschen gereichende wargenommene oder gewünschte | ||||||
| 08 | Begebenheit kann als ein gantz natürliches Eräugnis vorgestellt | ||||||
| 09 | werden wovon uns die wirkende Ursache verborgen ist schreibt der dankbare | ||||||
| 10 | Mensch auf Rechnung der Vorsehung überhaupt um sie ihrer Zwekmäßigkeit | ||||||
| 11 | halber nicht dem Zufall oder der Unerklärbarkeit wegen nicht | ||||||
| 12 | einem Wunder der Inspiration zuzuschreiben als in welchen beyden | ||||||
| 13 | Fällen die Vernunft auf den Strand geräth. Dies ist die eigentliche | ||||||
| 14 | Erklärungsart wie eine Bibel als ein heiliges (die Heiligkeit im Lebenswandel | ||||||
| 15 | belebendes) dem Menschengeschlecht angemessenes Buch hat zu | ||||||
| 16 | stande kommen können. | ||||||
| 17 | Daß die Bibel durch das Fortschreiten der Menschheit in der Cultur | ||||||
| 18 | moralischer schon vor viel hundert Jahren entwickelter Begriffe mithin | ||||||
| 19 | als natürlichen Ursprungs gedacht werden könne und müsse liegt schon | ||||||
| 20 | im Gesetze des Vernunftgebrauchs überhaupt. | ||||||
| 21 | Die Beurkundung überhaupt dieser Schrift als einer göttlichen kann | ||||||
| 22 | nicht anders als durch erprobte Kraft desselben Religion in menschlichen | ||||||
| 23 | Herzen zu gründen und wenn sie durch mancherley alte u. neue Satzungen | ||||||
| 24 | verunartet wäre immer wieder zu reinigen welches Eräugnis wegen | ||||||
| 25 | seiner unendlichen aus der größten Simplicität hervorgehenden Wirksamkeit | ||||||
| 26 | zur Besserung der Menschen als ein Werk der Vorsehung darum | ||||||
| 27 | aber nicht minder als natürlicher Erfolg der fortschreitenden Cultur | ||||||
| 28 | angesehen werden darf | ||||||
| 29 | Zweite Seite | ||||||
| 30 | Die Zwekmäßige Auslegung einer Schriftstelle oder biblischen | ||||||
| 31 | Spruchs die sich in catechetischem oder homiletischen Vortrage beobachten | ||||||
| 32 | muß ist daß sie die Erbauung befördere und populair d. i. den Volksbegriffen | ||||||
| 33 | angemessen nicht daß sie auf Gelehrsamkeit abgezielt sey. | ||||||
| 34 | Daher werden sie nicht nach dem Sinn des Verfassers denn der kann | ||||||
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