Kant: AA XIX, Erläuterungen zu G. Achenwalls Iuris ... , Seite 599 |
|||||||
Zeile:
|
Text:
|
|
|
||||
| 8063. ψ. J 235. |
|||||||
| 02 | Bey einem rechtmäßigen Kriege muß blos die subsumtion unter eine | ||||||
| 03 | gute maxime strittig seyn. Die Gute maxime ist diese, welche die Befolgung | ||||||
| 04 | aller Regeln des Rechts in sich schließt. Der Erfolg böser maximen, e. g. | ||||||
| 05 | sich blos seiner Übermacht zur Vergrößerung zu bedienen, ist, daß keine | ||||||
| 06 | Gesinnung zum Frieden statt findet und daß der Krieg unendlich ist so | ||||||
| 07 | wohl in aller Zeit als von allen gegen einen. Daher ist der Krieg, der | ||||||
| 08 | nothwendig gegen sich den allgemeinen Willen der Ausrottung hat, ungerecht. | ||||||
| 09 | Also muß die maxime des Staats, der Krieg führet, auf die | ||||||
| 10 | bricht ab. | ||||||
8064. ψ. J 239. |
|||||||
| 12 | Recht woran thun und ein Recht zu haben ist nicht einerley. Eine | ||||||
| 13 | neutrale Macht thut Recht, einer der Kriegführenden alles zuzubringen. | ||||||
| 14 | Aber sie hat kein Recht (ius quaesitum) dazu. Aber der Kriegführende | ||||||
| 15 | hat ein Recht, seinem Feinde alle Hülfe abzuschneiden, also auch den Zuführenden | ||||||
| 16 | die Zufuhr abzunehmen. Ausser wenn sie sich darüber vergleichen. | ||||||
| 17 | |||||||
8065. ψ. J 240. |
|||||||
| 19 | Die Macht eines Staats wächst. 1. Durch innere Verbesserung seines | ||||||
| 20 | Wohlstandes. 2. Durch Vergrößerung seiner Kriegsverfassung (z. B. | ||||||
| 21 | Flotten bauen, neue Corps stiften). 3. Durch anbau neuerworbenes territorii | ||||||
| 22 | als rei vacuae. 4. Durch Erbschaft, Kauf, Tausch. 5. Durch occupationem | ||||||
| 23 | bellicam. Der erste wachsthum giebt keine Ursache zum Kriege, | ||||||
| 24 | weil sie keine Anstalt zum Kriege enthält. Alle andere haben keinen andern | ||||||
| 25 | Grund als den Anwachs der äußern Macht, folglich der Vermehrung der | ||||||
| 26 | Gefahr für andere. | ||||||
| 27 | Einzelne Menschen in statu naturali können gezwungen werden mit | ||||||
| 28 | andern in statum civilem zu treten. Auch Völker, die keine eigentliche | ||||||
| 29 | bürgerliche Verfassung haben, so daß ein benachbartes civilisirtes Volk | ||||||
| 30 | wieder einzelner Personen Gewalt bey ihnen Gerechtigkeit finde. Aber | ||||||
| 31 | Völker können einander nicht so in den Statum civilem Zwingen, daß | ||||||
| 32 | eines den andern oder mit dem andern einen gemeinschaftlichen Herrn erkenne, | ||||||
| 33 | es sey denn daß seine Läsion den Frieden auf alle Zukunft vergeblich | ||||||
| 34 | macht, und da kann dieses auch nur mit Zustimmung anderer Geschehen. | ||||||
| [ Seite 598 ] [ Seite 600 ] [ Inhaltsverzeichnis ] |
|||||||