Kant: AA XII, Briefwechsel 1797 , Seite 201 |
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| 01 | praesentiret hat, schikt seinen anderen Sohn jetzt auch auf die Akademie. | ||||||
| 02 | Er bittet; daß Ew Wolgeborn ihn mit so viel Güte aufnehmen mögen | ||||||
| 03 | als dem ältern Sohne widerfahren ist. | ||||||
| 04 | Die Gelegenheit ihn bestens zu empfehlen ist für mich um so | ||||||
| 05 | erwünschter, da ich Ew Wolgeborn . . . | ||||||
| 777. | |||||||
| 07 | Von Friedrich August Hahnrieder. | ||||||
| 08 | 19. Sept. 1797. | ||||||
| 09 | Achtungswürdiger Mann! | ||||||
| 10 | Die Nachricht die mir HE Doktor Biester von Ihrem Wohlbefinden | ||||||
| 11 | mittheilte hat mir unendlich viel Freude verursacht, zugleich erfahre | ||||||
| 12 | ich, daß Sie ohnerachtet Ihres hohen Alters doch noch arbeiten und | ||||||
| 13 | der Menschheit dadurch nüzzen wollen. Dieser Vorsaz überzeugt mich | ||||||
| 14 | vollends, daß Sie die uneingeschränkteste Achtung aller redlich Gesinnten | ||||||
| 15 | verdienen. Ohne Zweifel haben wir von Ihnen also noch Belehrungen | ||||||
| 16 | zu erwarten, die gewis sehr intereßant seyn werden, und ich würde | ||||||
| 17 | mich nicht erdreisten Sie zur Bearbeitung eines Gegenstandes aufzufordern, | ||||||
| 18 | wenn er mir nicht so nahe am Herzen läge, er betrift die | ||||||
| 19 | Verbreitung von Kenntnißen und Berichtigung der Urteile unter der | ||||||
| 20 | großen Volksklaße; so schwierig dieses Unternehmen beim ersten Anblik | ||||||
| 21 | scheint, so leicht ist es in der Ausführung, ich spreche hier aus Erfahrung; | ||||||
| 22 | zu Anfange meiner Lehrzeit that ich einer Gesellschaft von | ||||||
| 23 | Tischlergesellen den Vorschlag, wöchentlich einige Abende dazu anzuwenden, | ||||||
| 24 | um durch Lektüre und wißenschaftliche Unterhaltungen den | ||||||
| 25 | Geist zu kultiviren, mein Vorschlag wurde angenommen, und meine | ||||||
| 26 | Bemühungen in Mittheilung von Kenntnißen und Berichtigung der | ||||||
| 27 | Urteile sind nicht fruchtlos gewesen, wenn es mir also geglükt hat | ||||||
| 28 | etwas wirken zu können so sehe ich gar keinen Grund ein, warum es | ||||||
| 29 | jedem andern misglükken sollte, und wie viel Menschen in jedem Stande | ||||||
| 30 | giebt es nicht, die der großen Klaße auf diese Art nüzlich seyn könnten | ||||||
| 31 | und hauptsächlich zu dem großen Zwekke hinarbeiten könnten, die | ||||||
| 32 | Menschen auf ihren eignen Vernunftgebrauch aufmerksam zu machen; | ||||||
| 33 | Studenten, Profeßoren, Prediger auf dem Lande und in den Städten, | ||||||
| 34 | Güterbesizzer, Hofmeister auf dem Lande, Iustizpersonen und überhaupt | ||||||
| 35 | jeder kultivirte Mann könnte ganz bequem dieser Pflicht einige Zeit | ||||||
| 36 | aufopfern, aber eine Hauptbedingung dabei ist die, daß es unentgeldlich | ||||||
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