| Kant: AA X, Briefwechsel 1788 , Seite 551 | |||||||
| Zeile: 
 | Text (Kant): 
 | 
 
 | 
 
 | ||||
| 01 | in der Nezhaut ab; folglich ist, weil ausser der Nezhaut nichts | ||||||
| 02 | fähig ist von Gegenständen afiziret zu werden, Raum da. So ist der | ||||||
| 03 | Ton in dem Gehöre nur durch das Zittern der Lufttheilchen hervorgebracht | ||||||
| 04 | ausser denselben giebt es keine andere, die Ton fähig wären | ||||||
| 05 | u.s.w. So erkläre ich mich also über Raum. | ||||||
| 06 | Diese Vorstellungen von Gegenständen wären Leer, gäben uns | ||||||
| 07 | keine Erkenntniß, wenn sie nicht der Verstand zusammen dächte durch | ||||||
| 08 | Begrife. Z B der Verstand bezieht, vereiniget die Eindrüke unter | ||||||
| 09 | einem Begrif z B Körper Baum, und urtheilt: dies ist ein Körper, | ||||||
| 10 | ein Baum d: i: alle diese Eindrücke machen ein Korper einen Baum | ||||||
| 11 | aus. Nun diese Begrife sagen Sie, sind Formen unseres Verstandes; | ||||||
| 12 | sie liegen in unserem Verstand als reine Begrife a priori. Dies verstehe | ||||||
| 13 | ich so: diese Begrife sind a priori in unserem Verstand, indem | ||||||
| 14 | sie nichts anders sind als die Funktionen des Denkens. Zu diesen | ||||||
| 15 | Funktionen geben uns den Stoff die Funktionen des Urtheilens: ich | ||||||
| 16 | will sagen in den Funktionen des urtheilens liegen nicht die Verstandesbegrife | ||||||
| 17 | so, daß ich sie nur herausnehmen könne; sondern es muß noch | ||||||
| 18 | eine besondere Handlung dazu kommen, und dann diese besondere | ||||||
| 19 | Handlung erst unter etwas allgemeines bringen. So z B geben die | ||||||
| 20 | einzelnen und allgemeine Urtheile (als Funktionen des Urtheilens :) | ||||||
| 21 | jede für sich nicht den Begrif der Einheit, Vielheit, Allheit; wenn ich | ||||||
| 22 | die einzelnen Urtheile nicht mit den allgemeinen vergleiche blos als | ||||||
| 23 | Erkenntniß der Größe nach; denn durch diese Vergleichung sehe ich | ||||||
| 24 | erst daß sich jene zu diesen wie Einheit zur Unendlichkeit verhalten | ||||||
| 25 | und von ihnen wesentlich unterschieden sind. Also das Vergleichen (: als | ||||||
| 26 | besondere Handlung) giebt uns erst den Verstandesbegrif. Die unendlichen | ||||||
| 27 | und bejahenden Urtheile geben wiederum jede für sich nicht den | ||||||
| 28 | Begrif von Realität, Negation, Limitation, sondern ich muß | ||||||
| 29 | um diese zubekommen noch auf den Inhalt des Prädikats sehen, und | ||||||
| 30 | durch diese Handlung bekomme ich erst die obbenannten Begrife. | ||||||
| 31 | In den Kategorischen Urtheilen muß noch diese Handlung dazu | ||||||
| 32 | kommen, daß man das Verhältniß des Predikats zum Subjekt betrachte; | ||||||
| 33 | in den hypothetischen das Verhältniß des Grundes zur Folge; | ||||||
| 34 | in den disjunktiven das Verhältniß der eingetheilten Erkenntniß, und | ||||||
| 35 | der gesammten Grade der Eintheilung unter einander, und durch diese | ||||||
| 36 | Handlungen bekommen wir erst die Begrife Substanz, Ursache, Gemeinschaft | ||||||
| 37 | u.s.w. So verstehe ich ihre Hauptmomente. Und nicht wahr, | ||||||
| [ Seite 550 ] [ Seite 552 ] [ Inhaltsverzeichnis ] | |||||||