| Kant: AA X, Briefwechsel 1788 , Seite 549 | |||||||
| Zeile: 
 | Text (Kant): 
 | 
 
 | 
 
 | ||||
| 01 | bei jedem der diese Verdienste schäzt, um so mehr ganz gerechten Unwillen, | ||||||
| 02 | als diese Vorurtheile das Ansehen der Undankbarkeit gewinnen. | ||||||
| 03 | Dies bewegte mich mit Ernst zu untersuchen, ob ich zur Beschämung | ||||||
| 04 | dieser Männer, etwas mit beytragen könnte, und ich habe | ||||||
| 05 | mit Zusammennehmung dessen, so ich als Ihr vormaliger Zuhörer einsehen | ||||||
| 06 | gelernt, nach einigem Nachdenken die beygefügte kleine Schrift verfertiget. | ||||||
| 07 | Der Buchdrucker Hendel zu Halle, dem ich sie unentgeldtlich, zum | ||||||
| 08 | Drucken einhändigte, und der sie dem dasigen Professor Klügel, zur | ||||||
| 09 | Censur übergeben, versicherte mich zwar, daß dieser ein vortheilhaftes | ||||||
| 10 | Urtheil darüber gefället, indes wurde doch mit dem Druck, so lange | ||||||
| 11 | Anstand genommen, daß ich besorgte, der Mann habe mich blos, auf | ||||||
| 12 | eine schmeichelhafte Art täuschen wollen, und sie deswegen zurücknahm. | ||||||
| 13 | Um mich nun gewisser zu überzeugen, ob ich durch diese Schrift, Wahrheit | ||||||
| 14 | oder Irrthum ins Publicum bringen möchte, habe ich solche, lieber | ||||||
| 15 | Ew. Wohlgeboren Prüfung unterwerffen und mir darüber Ihr Urtheil | ||||||
| 16 | ganz gehorsamst erbitten wollen. Ich glaube wohl, daß der Inhalt | ||||||
| 17 | nicht weitläuftig genung, um eine besondere Disciplin auszumachen, | ||||||
| 18 | und daß man also dem Gegenstande derselben, auch nicht ganz füglich | ||||||
| 19 | das Ansehen einer Wissenschaft geben kann; jedoch kann ich mir sehr | ||||||
| 20 | wohl ein eigenes Ganze davon dencken, und dies bewegte mich, den | ||||||
| 21 | vorgesezten Titel zu wählen, weil meines Erachtens, dadurch, auch | ||||||
| 22 | noch dem Wercke selbst, mehr Eingang geschaft werden sollte. Wäre | ||||||
| 23 | dem so, daß Ew. Wohlgeboren das Manuscript, einer Ausgabe werth | ||||||
| 24 | hielten: so bitte ich ganz gehorsamst, solches gelegentlich, dem Verleger | ||||||
| 25 | Ihrer Schriften, zum Drucke zu empfehlen, und schmeichele mir, da | ||||||
| 26 | er es ohne Entgeltung, aus den Händen Ew. Wohlgeboren wohl annehmen | ||||||
| 27 | wird. Sollte es jedoch Ew. Wohlgeboren, nichtgefällig sein, | ||||||
| 28 | diese Mühwaltung zu übernehmen: so bitte ich ganz gehorsamst, meine | ||||||
| 29 | Freiheit zu entschuldigen, uud so wie ich alsdenn, das Manuscript | ||||||
| 30 | wiedererwarte, so habe ich die Ehre zu versichern, daß ich jederzeit | ||||||
| 31 | mit der vollkommensten und aufrichtigsten Hochachtung bin | ||||||
| 32 | Ew. Wohlgeboren | ||||||
| 33 | Warschau | ganz gehorsamster | |||||
| 34 | den 13ten Octbr 1788. | Diener | |||||
| 35 | S. Schlesier | ||||||
| 36 | Ich wohne in der Böttcher=Straße (Ulica Bednarska) in dem | ||||||
| 37 | Hause des HE. Obuschinski, 2 Treppen hoch, neben dem Schneider Schulz. | ||||||
| [ Seite 548 ] [ Seite 550 ] [ Inhaltsverzeichnis ] | |||||||