| Kant: AA X, Briefwechsel 1781 , Seite 278 | |||||||
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| 01 | (die doch mit manchem, was ich ietzt nicht mehr anerkennen würde, | ||||||
| 02 | vermengt waren) in der gedachten Dissertation an den belobten Mann | ||||||
| 03 | überschickte, in Hofnung mit dem übrigen nicht lange im Rückstande | ||||||
| 04 | zu bleiben. Aber numehr machte mir der Ursprung des Intellectuellen | ||||||
| 05 | von unserem Erkentnis neue und unvorhergesehene Schwierigkeit | ||||||
| 06 | und mein Aufschub wurde je länger desto nothwendiger, bis ich | ||||||
| 07 | alle meine Hofnung, die ich auf einen so wichtigen Beystand gesetzt | ||||||
| 08 | hatte, durch den unerwarteten Tod dieses ausserordentlichen Genie's | ||||||
| 09 | schwinden sah. Diesen Verlust bedaure ich desto mehr, da, nachdem | ||||||
| 10 | ich in den Besitz dessen was ich suchte gekommen zu seyn vermeyne, | ||||||
| 11 | Lambert gerade der Mann war, den sein heller und erfindungsreicher | ||||||
| 12 | Geist eben durch die Unerfahrenheit in metaphysischen Speculationen | ||||||
| 13 | desto vorurtheilfreyer und darum desto geschikter machte, die in meiner | ||||||
| 14 | Critik der reinen Vernunft nachdem vorgetragene Sätze in ihrem | ||||||
| 15 | ganzen Zusammenhange zu übersehen und zu würdigen, mir die etwa | ||||||
| 16 | begangene Fehler zu entdecken und bey der Neigung, die er besaß, | ||||||
| 17 | hierinn etwas Gewisses vor die menschliche Vernunft auszumachen, | ||||||
| 18 | seine Bemühung mit der meinigen zu vereinigen, um etwas Vollendetes | ||||||
| 19 | zu Stande zu bringen; welches ich auch ietzt nicht vor unmöglich, aber, | ||||||
| 20 | da diesem Geschäfte ein so großer Kopf entgangen ist, vor langwieriger | ||||||
| 21 | und schweerer halte. | ||||||
| 22 | Das sind die Ursachen welche mich bey Ew: Wohlgeb: und dem | ||||||
| 23 | Publikum entschuldigen werden, warum ich die Gelegenheit, die sich | ||||||
| 24 | mir so erwünscht darboth, nicht besser genutzt habe und weswegen | ||||||
| 25 | zu den gefälligen Briefen des seel: Mannes meine Antworten fehlen. | ||||||
| 26 | Vor den Gebrauch, den Ew: Wohlgeb. von meinen dem HEn | ||||||
| 27 | Goldbek überschriebenen Erinnerungen zu machen Willens sind, sage | ||||||
| 28 | den ergebensten Dank. Es wird dadurch ein Misverstand verhütet, | ||||||
| 29 | der nicht HEn Lambert, sondern mir nachtheilig seyn könte. Ich verbitte | ||||||
| 30 | gar sehr alle Kosten, die sich Ew: Wohlgeb:, durch Ubersendung | ||||||
| 31 | des ersten Bandes des Lambertschen Briefwechsels an mich, geben | ||||||
| 32 | wollen. Ich habe so gar keinen Antheil an der Ausfertigung desselben, | ||||||
| 33 | daß es Unbescheidenheit seyn würde, diese gütige Offerte mit Dero | ||||||
| 34 | Beschwerde anzunehmen, vielmehr legt mir die Bemühung, die Sie | ||||||
| 35 | sich hiemit geben die Verbindlichkeit auf, nicht allein das HEn Wagner | ||||||
| 36 | communicirte Unternehmen nach meinem Vermögen zu befördern, | ||||||
| 37 | sondern auch in Allem, was Ihnen gefällig ist mir ferner aufzutragen, | ||||||
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