| Kant: AA X, Briefwechsel 1778 , Seite 237 | |||||||
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| 01 | letzte Anker, auf dem alle Hofnung der Theilnehmer an einer Sache, | ||||||
| 02 | deren Idee allein das Herz aufschwellen macht, itzt beruht. Die Beharrlichkeit, | ||||||
| 03 | bey so vielen Hindernissen einen so großen Plan auszuführen, | ||||||
| 04 | erwirbt Ihnen mit Recht die Bewunderung und den Dank | ||||||
| 05 | von iedermann, der da versteht, was es heisse, nach seiner ganzen | ||||||
| 06 | Bestimmung ein Mensch zu seyn, und wenn Sie auch nur durch einen | ||||||
| 07 | feineren Ehrbegrif getrieben würden, alle Gemächlichkeit des Lebens | ||||||
| 08 | so dem öffentlichen Besten aufzuopfern, so würde es überall kein gewisseres | ||||||
| 09 | Mittel geben. Ihren Nahmen dem Danke der spätesten Nachkommenschaft | ||||||
| 10 | zu überliefern, als das Geschäfte, dem Sie sich weihen | ||||||
| 11 | und welches, wie ich mit vielen anderen ietzt hoffe, seinen Zwek | ||||||
| 12 | (wenn der Himmel Sie nur gesund erhält) sicherlich nicht verfehlen | ||||||
| 13 | wird. | ||||||
| 14 | Ich habe eben itzt das Pak mit den letzten Pädagogischen Stücken | ||||||
| 15 | des ersten Iahrganges erhalten und werde sie gehörig vertheilen. Ich | ||||||
| 16 | muß aber zugleich von einer Veränderung und, wie ich hoffe, Verbesserung | ||||||
| 17 | der Art, wie die philanthropinische Angelegenheit künftig | ||||||
| 18 | in unserer Gegend betrieben werden kan, Nachricht geben. Die | ||||||
| 19 | Kantersche Zeitung, durch welche allein gelehrte Ankündigungen im | ||||||
| 20 | Publikum verbreitet werden können, ist bald in eines, bald des anderen | ||||||
| 21 | Hände gegeben worden. Ietzt dirigirt sie der reformirte HE. Hofprediger | ||||||
| 22 | und Doctor Theol: Crichton. Dieser sonst gelehre Mann hat sich | ||||||
| 23 | zeither nicht sonderlich günstig vors Philanthropin erklärt und, da sein | ||||||
| 24 | Urtheil, theils durch seine weitläuftige Bekantschaft, theils die Zeitung, | ||||||
| 25 | welche er ietzt in seiner Gewalt hat, meiner Ihnen gänzlich ergebenen | ||||||
| 26 | Gesinnung ein großes Hindernis in den Weg legen könte, so habe ich, | ||||||
| 27 | statt des fruchtlosen Controvertirens, das schmeichelhaftere Mittel ergriffen | ||||||
| 28 | diesen Mann auf Ihre Seite zu ziehen, nämlich dieses, da | ||||||
| 29 | ich ihn zum Haupte Ihrer hiesigen Angelegenheiten machte. Dieser | ||||||
| 30 | Versuch ist mir gelungen, indem ich ihm, durch die Vorstellung der | ||||||
| 31 | wichtigen Verbesserungen, welche unter HEn Wolk's direction am | ||||||
| 32 | Institute gemacht worden, einen Weg lies, ohne sein voriges Urtheil | ||||||
| 33 | zu wiederrufen, zu einem ganz entgegengesetzten überzugehen. Ich | ||||||
| 34 | glaube, daß dieses Mittel auch sonst nützlich seyn kan. Denn, die, | ||||||
| 35 | so ihren Beyfall verweigeren, so lange sie nur die zweyte Stimme | ||||||
| 36 | haben, werden gemeiniglich ihre Sprache änderen, wenn sie das erste | ||||||
| 37 | und große Wort führen können. | ||||||
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