| Kant: AA X, Briefwechsel 1777 , Seite 219 | |||||||
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| 123. | |||||||
| 02 | Von August Wilhelm Hupel. | ||||||
| 03 | 1. Nov. 1777. | ||||||
| 04 | Wohlgeborner, Hochgelahrter Herr Professor, | ||||||
| 05 | Hochzuehrender Herr, | ||||||
| 06 | Die Dreistigkeit mit welcher ich als ein Fremder, mich an Ewr. | ||||||
| 07 | Wohlgeboren wende, bedürfte Entschuldigungen, wenn ich nicht die Ehre | ||||||
| 08 | hätte an einen Mann zu schreiben, der, wie ich aus zuverlässigen Nachrichten | ||||||
| 09 | weis, mit Vergnügen Gefälligkeiten erzeigt. Wir sind auch | ||||||
| 10 | beyde einander nicht ganz unbekannt. Ihre Gelehrten Arbeiten haben | ||||||
| 11 | mir schon manchen erwünschten Aufschluß gegeben; und über eine von | ||||||
| 12 | meinen kleinen anonymischen Schriften wurde in einer gelehrten Zeitung | ||||||
| 13 | geurtheilt, sie scheine blos aus Ihren psychologischen Aeusserungen | ||||||
| 14 | enstanden, oder damit nahe verwandt zu seyn. | ||||||
| 15 | Mit einem Mann den ich so sehr verehre, habe ich längst gewünscht | ||||||
| 16 | in nähere Bekanntschaft zu kommen. Iezt nehme ich dazu Gelegenheit. | ||||||
| 17 | Mein Freund der Cammerjunker Baron von Uxküll, wünscht an | ||||||
| 18 | Stelle einer neulich verheyratheten Gouvernantin, für seine zwey Kinder, | ||||||
| 19 | eine Tochter von 10, und einen Sohn von 8 Iahren, eine geschickte | ||||||
| 20 | Person zu finden, die als Lehrerin im Christenthum, Französischen, | ||||||
| 21 | Rechnen, Schreiben, wie auch etwas in der Geschichte und Geographie, | ||||||
| 22 | unterwiesen hat. Er bietet ihr ausser dem nöthigen Reisegeld, für das | ||||||
| 23 | erste Iahr 100, für das zweyte 120 Rubel, auch wohl mehr wenn sie | ||||||
| 24 | große Geschicklichkeit zeigt. Anständige Begegnung, Thee, Caffe, nöthige | ||||||
| 25 | Equipage, werden ihr dabey versprochen. | ||||||
| 26 | Wolten Ewr. Wohlgeboren wohl die gütige Bemühung übernehmen, | ||||||
| 27 | und eine solche Gouvernantin aussuchen, und vorschlagen. Mein Vertrauen | ||||||
| 28 | wird nicht fehlschlagen: von einem Menschenkenner darf man | ||||||
| 29 | einen Vorschlag erwarten der alle Wünsche übertrift. Die Ankunft | ||||||
| 30 | einer Person die zum Unterricht ungeschickt, träge, flatterhaft, oder in | ||||||
| 31 | der feinen Lebensart fremd ist, darf ich nicht befürchten. | ||||||
| 32 | Sobald ich Antwort erhalte, um welche ich angelegentlichst bitte, | ||||||
| 33 | soll das Reisegeld welches ich zu bestimmen bitte, gleich übermacht | ||||||
| 34 | werden. Die Antwort kan nach Riga an Hartknoch, oder gerade hieher | ||||||
| 35 | über Riga und Dorpt, gehen. | ||||||
| 36 | Möchten mich Ewr. Wohlgeboren zu einer Diensterweisung fähig | ||||||
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