| Kant: Briefwechsel, Brief 123, Von August Wilhelm Hupel. | |||||||
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| Von August Wilhelm Hupel. | |||||||
| 1. Nov. 1777. | |||||||
| Wohlgeborner, Hochgelahrter Herr Professor, | |||||||
| Hochzuehrender Herr, | |||||||
| Die Dreistigkeit mit welcher ich als ein Fremder, mich an Ewr. | |||||||
| Wohlgeboren wende, bedürfte Entschuldigungen, wenn ich nicht die Ehre | |||||||
| hätte an einen Mann zu schreiben, der, wie ich aus zuverlässigen Nachrichten | |||||||
| weis, mit Vergnügen Gefälligkeiten erzeigt. Wir sind auch | |||||||
| beyde einander nicht ganz unbekannt. Ihre Gelehrten Arbeiten haben | |||||||
| mir schon manchen erwünschten Aufschluß gegeben; und über eine von | |||||||
| meinen kleinen anonymischen Schriften wurde in einer gelehrten Zeitung | |||||||
| geurtheilt, sie scheine blos aus Ihren psychologischen Aeusserungen | |||||||
| enstanden, oder damit nahe verwandt zu seyn. | |||||||
| Mit einem Mann den ich so sehr verehre, habe ich längst gewünscht | |||||||
| in nähere Bekanntschaft zu kommen. Iezt nehme ich dazu Gelegenheit. | |||||||
| Mein Freund der Cammerjunker Baron von Uxküll, wünscht an | |||||||
| Stelle einer neulich verheyratheten Gouvernantin, für seine zwey Kinder, | |||||||
| eine Tochter von 10, und einen Sohn von 8 Iahren, eine geschickte | |||||||
| Person zu finden, die als Lehrerin im Christenthum, Französischen, | |||||||
| Rechnen, Schreiben, wie auch etwas in der Geschichte und Geographie, | |||||||
| unterwiesen hat. Er bietet ihr ausser dem nöthigen Reisegeld, für das | |||||||
| erste Iahr 100, für das zweyte 120 Rubel, auch wohl mehr wenn sie | |||||||
| große Geschicklichkeit zeigt. Anständige Begegnung, Thee, Caffe, nöthige | |||||||
| Equipage, werden ihr dabey versprochen. | |||||||
| Wolten Ewr. Wohlgeboren wohl die gütige Bemühung übernehmen, | |||||||
| und eine solche Gouvernantin aussuchen, und vorschlagen. Mein Vertrauen | |||||||
| wird nicht fehlschlagen: von einem Menschenkenner darf man | |||||||
| einen Vorschlag erwarten der alle Wünsche übertrift. Die Ankunft | |||||||
| einer Person die zum Unterricht ungeschickt, träge, flatterhaft, oder in | |||||||
| der feinen Lebensart fremd ist, darf ich nicht befürchten. | |||||||
| Sobald ich Antwort erhalte, um welche ich angelegentlichst bitte, | |||||||
| soll das Reisegeld welches ich zu bestimmen bitte, gleich übermacht | |||||||
| werden. Die Antwort kan nach Riga an Hartknoch, oder gerade hieher | |||||||
| über Riga und Dorpt, gehen. | |||||||
| Möchten mich Ewr. Wohlgeboren zu einer Diensterweisung fähig | |||||||
| finden! an meiner Bereitwilligkeit soll es gewiß nicht mangeln. Wie | |||||||
| ich denn versichere mit der vorzüglichsten und dankbarsten Hochachtung | |||||||
| unverbrüchlich zu seyn | |||||||
| Ewr. Wohlgeboren | |||||||
| Oberpahlen Postorat, | gehorsamster Diener | ||||||
| in Liefland | Hupel | ||||||
| den 1sten Nov. 1777. | |||||||
| [ abgedruckt in : AA X, Seite 219 ] [ Brief 122 ] [ Brief 123a ] [ Gesamtverzeichnis des Briefwechsels ] | |||||||