| Kant: AA X, Briefwechsel 1776 , Seite 196 | |||||||
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| 01 | wenn wärend dieser Zeit die Menschen nicht aus ihrer Trägheit erwachen, | ||||||
| 02 | und zu der Ehre und den Ruhm, den sie ihm jetzt opfern, nicht | ||||||
| 03 | auch die wesentliche Unterstützung hinzufügen; so will Er den 27ten | ||||||
| 04 | des Monats seinen jetzigen Kinde die Leichenrede halten, und aus | ||||||
| 05 | diesen nicht zu seiner Reife gekommenen Wesen, - ein anderes schaffen, | ||||||
| 06 | was in seiner Art noch immer beßer seyn soll als man bis jetzt eins | ||||||
| 07 | hat, das aber bei weiten nicht die Vollkommenheit haben wird, als | ||||||
| 08 | das erstere erhalten haben würde, wenn Er es nach den gemachten | ||||||
| 09 | Plan hätte vollenden können. Seit dem Examen ist nun noch ein | ||||||
| 10 | Lehrer, Namens Ehrmann, aus Straßburg angekommen; und ein | ||||||
| 11 | zweiter - der Kaufmann heist - ist von da unterwegens; und wird | ||||||
| 12 | täglich auch erwartet. Die beiden mit den zweien, die sich bereits | ||||||
| 13 | schon mit Basedoven und Wolcken hier verbrüdert haben, sind die vier | ||||||
| 14 | junge Menschen=Freunde, die Iselin in einer kleinen Schrift voriges | ||||||
| 15 | Iahr angekündiget hat. Im Archiv werden Sie auch Basedovs Ruf | ||||||
| 16 | am Iselin gelesen haben. Noch ist seine Antwort nicht darauf erfolgt; | ||||||
| 17 | man ist sehr neugierig ob Er ihn annehmen wird. Wie ich höre | ||||||
| 18 | sollen Iselins Umstände eben nicht außerordentlich vorteilhaft seyn; | ||||||
| 19 | und da Bas . . . ihm sehr gute Anerbieten gethan hat, - Er hat | ||||||
| 20 | ihm unter andern, wie Er sagt, die helfte seiner Pension offerirt -, | ||||||
| 21 | so läßt sich wohl etwas hoffen. Seit 8 Tagen sind wieder 7 Philanthropisten | ||||||
| 22 | angekommen. Viere davon mit einen Canditatum Theologiae | ||||||
| 23 | hat der Markgraf von Baden hergeschickt. Aus Hamburg sind | ||||||
| 24 | sie auch noch 2 und aus Berlin eben so vieler täglich gewärtig. | ||||||
| 25 | Überhaupt sollen noch 17 angekündiget seyn. Wenn diese alle kommen, | ||||||
| 26 | so wird die Anzahl schon sehr ansehnlich und - ohne die Famulanten | ||||||
| 27 | beinahe 50 seyn. Es kommen auch noch immer Fremden, die das | ||||||
| 28 | Philanthropinum besehen, und es ihren Beifall geben. Diese Woche | ||||||
| 29 | war ein Dänischer Minister Herr von Wedell mit seinem Sohne; | ||||||
| 30 | der Herr Profeßor Plattner und der HE CreißSteuerEinnehmer | ||||||
| 31 | Weise aus Leipzig hier. Sie wohnten auch den Gottesdienst mit bey, | ||||||
| 32 | und fanden ihn höchst vernünftig und erbaulich; die Stelle der | ||||||
| 33 | Feyerlichkeiten die in den Kirchen sonst dabei gewöhnlich sind, vertritt | ||||||
| 34 | hier eine heilige Stille; und eine edele Einfalt des Vortrags. ich will | ||||||
| 35 | keine weitere Beschreibung hier von und von der übrigen Lehrart | ||||||
| 36 | machen, da das Archiv es umständlich gethan hat. | ||||||
| 37 | Wylandt und Goethe sind nicht bei dem Examen gegenwärtig; | ||||||
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