| Kant: AA X, Briefwechsel 1774 , Seite 161 | |||||||
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| 01 | Fall zu seyn scheint, wenn freyglaubende philologen dieser vulcanischen | ||||||
| 02 | Waffen sich allein bemeistern solten, denn ist das Ansehen jener Demagogen | ||||||
| 03 | gänzlich zu Ende, und sie werden sich in dem, was sie zu | ||||||
| 04 | lehren haben, die instruction von den literatoren einholen müssen. In | ||||||
| 05 | Erwägung dessen fürchte ich sehr vor die lange Dauer des Triumphs | ||||||
| 06 | ohne Sieg, des Wiederherstellers der Urkunde. Denn es steht gegen | ||||||
| 07 | ihn ein dichtgeschlossener Phalanx der Meister orientalischer Gelehrsamkeit, | ||||||
| 08 | die eine solche Beute durch einen ungeweiheten von ihrem | ||||||
| 09 | eigenen Boden nicht so leicht werden entführen lassen. Ich bin | ||||||
| 10 | Ihr | ||||||
| 11 | treuer Diener | ||||||
| 12 | d 8ten April 1774. | Kant | |||||
| 89. | |||||||
| 14 | Von Iohann Georg Hamann. | ||||||
| 15 | April 1774. | ||||||
| 16 | Erlauben Sie mir, HöchstzuEhrender Herr Profeßor, mit der aufrichtigen | ||||||
| 17 | Versicherung anzufangen und fortzufahren, daß ich der freundschaftlichen | ||||||
| 18 | Mittheilung Ihrer Gedanken unendlich viel zur Entwickelung | ||||||
| 19 | meiner impliciten Begriffe, Eindrücke und Ideen zu verdanken habe. | ||||||
| 20 | So wahr ist es, daß Sprache und Schrift die unumgänglichste | ||||||
| 21 | Organa und Bedingungen alles menschlichen Unterrichts sind, wesentlicher | ||||||
| 22 | und absoluter, wie das Licht zum Sehen, und der Schall zum | ||||||
| 23 | Hören - Bey jenen Gesinnungen meiner Erkenntlichkeit werden Sie | ||||||
| 24 | auch gegenwärtiger katanthropischen Antwort keinen Tück des Herzens | ||||||
| 25 | zuschreiben, noch wie der Apostel über den Zauberer zu Samaria ausruffen: | ||||||
| 26 | "Ich sehe, daß du bist voller bitterer Galle und verknüpft mit | ||||||
| 27 | Ungerechtigkeit" | ||||||
| 28 | Wenn des Verf. Thema darauf hinausgienge das Ens entium zum | ||||||
| 29 | Archi=Encyklopädisten oder +GLG PAN + (wie ihn Sirach XLIII. 29. kurtz | ||||||
| 30 | und gut genannt haben soll) mit einer sieben fachen Flöte, zu machen. | ||||||
| 31 | so weiß ich noch nicht, ob ich der Palingenesie einer vergrabenen Urkunde | ||||||
| 32 | mehr Glauben beymeßen würde als Vernunftgründen und | ||||||
| 33 | biblischen Sprüchen - die freylich in Ansehung des willkührl. | ||||||
| 34 | Misbrauchs sich einander nichts vorzuwerfen haben. Vielleicht würde | ||||||
| 35 | ich jenen Edelstein in Thesauro Brandenburgico, auf dem Beger | ||||||
| 36 | "einen Iupiter zeigt, welcher einen philosophischen Mantel trägt" wie | ||||||
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