Kant: AA VIII, Über eine Entdeckung, nach ... , Seite 229

     
           
 

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Text (Kant):

 

 

 

 
  01 nothwendig angehörig (von dem Begriffe desselben unabtrennlich) ausgesagt      
  02 wird. Solche Prädicate werden auch zum Wesen (der inneren      
  03 Möglichkeit des Begriffs) gehörige ( ad essentiam*) pertinentia ) Prädicate      
  04 genannt, dergleichen folglich alle Sätze, die a priori gelten, enthalten      
  05 müssen; die übrigen, die nämlich vom Begriffe (unbeschadet desselben) abtrennliche,      
  06 heißen außerwesentliche Merkmale ( extraessentialia ). Die ersteren      
  07 gehören nun zum Wesen entweder als Bestandstücke desselben ( ut      
  08 constitutiva ), oder als darin zureichend gegründete Folgen aus demselben      
  09 ( ut rationata ). Die ersteren heißen wesentliche Stücke ( essentialia ), die      
  10 also kein Prädicat enthalten, welches aus anderen in demselben Begriffe      
  11 enthaltenen abgeleitet werden könnte, und ihr Inbegriff macht das logische      
  12 Wesen ( essentia ) aus; die zweiten werden Eigenschaften ( attributa ) genannt.      
  13 Die außerwesentlichen Merkmale sind entweder innere ( modi ),      
  14 oder Verhältnißmerkmale ( relationes ) und können in Sätzen a priori nicht      
  15 zu Prädicaten dienen, weil sie vom Begriffe des Subjects abtrennlich und      
  16 also nicht nothwendig mit ihm verbunden sind. - Nun ist klar, daß, wenn      
  17 man nicht vorher schon irgend ein Kriterium eines synthetischen Satzes      
  18 a priori gegeben hat, dadurch, daß man sagt, sein Prädicat sei ein Attribut,      
  19 auf keinerlei Weise der Unterschied desselben von analytischen erhelle.      
  20 Denn dadurch, daß es ein Attribut genannt wird, wird weiter nichts gesagt,      
  21 als daß es als nothwendige Folge vom Wesen abgeleitet werden      
  22 könne: ob analytisch nach dem Satze des Widerspruchs, oder synthetisch      
  23 nach irgend einem andern Grundsatze, das bleibt dabei gänzlich unbestimmt.      
  24 So ist in dem Satze: ein jeder Körper ist theilbar, das Prädicat ein      
  25 Attribut, weil es von einem wesentlichen Stücke des Begriffs des Subjects,      
  26 nämlich der Ausdehnung, als nothwendige Folge abgeleitet werden kann.      
  27 Es ist aber ein solches Attribut, welches als nach dem Satze des Widerspruchs      
  28 zu dem Begriffe des Körpers gehörig vorgestellt wird, mithin der Satz      
  29 selber, unerachtet er ein Attribut vom Subjecte aussagt, dennoch analytisch.      
  30 Dagegen ist die Beharrlichkeit auch ein Attribut der Substanz; denn sie      
  31 ist ein schlechterdings nothwendiges Prädicat derselben, aber im Begriffe      
  32 der Substanz selber nicht enthalten, kann also durch keine Analysis aus      
  33 ihm (nach dem Satze des Widerspruchs) gezogen werden, und der Satz:      
  34 eine jede Substanz ist beharrlich, ist ein synthetischer Satz. Wenn es also      
           
    *) Damit bei diesem Worte auch der geringste Schein einer Erklärung im Cirkel vermieden werde, kann man statt des Ausdrucks ad essentiam den an diesem Orte gleichlautenden ad internam possibilitatem pertinentia brauchen.      
           
     

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