Kant: AA VIII, Über eine Entdeckung, nach ... , Seite 228 |
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| 01 | diesen Zeitpunkt vom Vorwurfe des blinden Dogmatisms oder Scepticisms | ||||||
| 02 | nicht frei, sie mochten nun durch anderweitige Verdienste einen noch | ||||||
| 03 | so großen Namen mit allem Rechte besitzen. | ||||||
| 04 | Dem Herrn Eberhard beliebt es anders. Er thut, als ob ein | ||||||
| 05 | solcher warnender Ruf, der durch so viel Beispiele in der transscendentalen | ||||||
| 06 | Dialektik gerechtfertigt wird, an den Dogmatiker gar nicht ergangen | ||||||
| 07 | wäre, und nimmt lange vor der Kritik unseres Vermögens a priori | ||||||
| 08 | synthetisch zu urtheilen einen von jeher sehr bestrittenen synthetischen Satz: | ||||||
| 09 | nämlich daß Zeit und Raum und die Dinge in ihnen aus einfachen | ||||||
| 10 | Elementen bestehen, als ausgemacht an, ohne auch nur wegen der Möglichkeit | ||||||
| 11 | einer solchen Bestimmung des Sinnlichen durch Ideen des Übersinnlichen | ||||||
| 12 | die mindeste vorhergehende kritische Untersuchung anzustellen, | ||||||
| 13 | die sich ihm durch den Widerspruch der Mathematik gleichwohl aufdringen | ||||||
| 14 | mußte, und giebt an seinem eigenen Verfahren das beste Beispiel von | ||||||
| 15 | dem, was die Kritik den Dogmatism nennt, der aus aller Transscendentalphilosophie | ||||||
| 16 | auf immer verwiesen bleiben muß, und dessen Bedeutung | ||||||
| 17 | ihm, wie ich hoffe, jetzt an seinem eigenen Beispiele verständlicher sein wird. | ||||||
| 18 | Es ist nun, ehe man an die Auflösung jener Principal=Aufgabe geht, | ||||||
| 19 | freilich unumgänglich nothwendig, einen deutlichen und bestimmten Begriff | ||||||
| 20 | davon zu haben, was die Kritik erstlich unter synthetischen Urtheilen | ||||||
| 21 | zum Unterschiede von den analytischen überhaupt verstehe: zweitens, was | ||||||
| 22 | sie mit dem Ausdrucke von dergleichen Urtheilen, als Urtheilen a priori zum | ||||||
| 23 | Unterschiede von empirischen, sagen wolle. - Das erstere hat die Kritik so | ||||||
| 24 | deutlich und wiederholentlich dargelegt, als nur verlangt werden kann. | ||||||
| 25 | Sie sind Urtheile, durch deren Prädicat ich dem Subjecte des Urtheils | ||||||
| 26 | mehr beilege, als ich in dem Begriffe denke, von dem ich das Prädicat | ||||||
| 27 | aussage, welches letztere also das Erkenntniß über das, was jener Begriff | ||||||
| 28 | enthielt, vermehrt; dergleichen durch analytische Urtheile nicht geschieht, | ||||||
| 29 | die nichts thun, als das, was schon in dem gegebenen Begriffe wirklich | ||||||
| 30 | gedacht und enthalten war, nur als zu ihm gehörig klar vorzustellen und | ||||||
| 31 | auszusagen. - Das zweite, nämlich was ein Urtheil a priori zum | ||||||
| 32 | Unterschiede des Empirischen sei, macht hier keine Schwierigkeit, weil es | ||||||
| 33 | ein in der Logik längst bekannter und benannter Unterschied ist und nicht | ||||||
| 34 | wie der erstere wenigstens (wie Herr Eberhard will) unter einem neuen | ||||||
| 35 | Namen auftritt. Doch ist um des Herrn Eberhards willen hier | ||||||
| 36 | nicht überflüssig anzumerken: daß ein Prädicat, welches durch einen Satz | ||||||
| 37 | a priori einem Subjecte beigelegt wird, eben dadurch als dem letzteren | ||||||
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